Korruption und Bestechung sind ansteckend - aber auch reduzierbar durch Straferlass

Forscher der Monash Business School in Melbourne haben sich mit der Frage befasst, wie sich korrupte Strukturen ausbreiten und weshalb die Bestechungsrate in vielen Ländern trotz drohender Strafen weiterhin hoch ist. Eine Möglichkeit, Korruption um 35% zu reduzieren, wäre, Bestechnungsanbieter nicht zu bestrafen.

Mit der Frage über die Ausmaße der Verbreitung von Bestechungen haben sich Forscher der Monash Business School, Melbourne, auseinandergesetzt und herausgefunden, dass ein Ansteckungseffekt in Bezug zu Korruption besteht. Dies vor allem in solchen Ländern, wo nicht das Risiko von Sanktionen bestimmt, ob ein Bürger Bestechungen anbietet, sondern das Wissen, dass die Annahme von Bestechungen unter Beamten verbreitet ist.

Also nur das bloße Wissen darüber, dass Bestechungen in einem Land üblich sind, veranlasst mehr Menschen dazu, diese auch anzubieten, obwohl das Risiko einer Bestrafung zeitgleich weiterhin besteht, erklärt Monash Business School Professor Klaus Abbing, der die Forschung mit Professor Lata Gangadharan durchführte.

Der derzeitige Stand ist, dass in vielen Ländern beide Parteien bestraft werden, also diejenigen, die Bestechungen anbieten, als auch diejenigen, die sie annehmen. Insbesondere in den Ländern, in denen ein großes Korruptionsproblem besteht und wo die Strafen drastisch erhört wurden, floriert das Geschäft mit Bestechungen jedoch weiterhin.

Aufgrund dieser Beobachtung wollten die beiden Ökonomen testen, ob Korruption in einer Umgebung, wo Bestechungen als etwas normales angesehen wird, ansteckend ist.

Ihr Experiment wurde in Argentinien mit 426 Teilnehmern von der Universidad Nacional del Sur, Bahía Blanca, durchgeführt. Argentinien ist ein Land, das mit einer langen Korruptionsgeschichte in Verbindung gebracht wird und im Corruption Perception Index (CPI) von 2014 auf Rang 107 von 175 Ländern platziert ist.

Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine übernahm die Rolle einer „Firma" und die andere, die eines „Beamten". Die Firmen konnten den Beamten eine private Zahlung (also eine Bestechung) anbieten, und die Beamten konnten dieses Angebot entweder annehmen oder ablehnen. Zudem wurde den Teilnehmern mitgeteilt, dass die geheime Absprache zwischen den Firmen und den Beamten beiden Parteien einen finanziellen Vorteil verschafft zu Lasten einer Nicht-Regierungs Umweltorganisation.

In der zweiten Runde wurden die Beamten dann noch einmal unterteilt, je nachdem ob sie sich korrupt verhielten oder ehrlich waren. Anschließend wurden sie wieder den Firmen zugeteilt. Letztere bekamen die Information, ob sie mit der korrupten oder der ehrlichen Gruppe zusammengelegt wurden.

Das Ergebnis war, dass die Teilnehmer, welche wussten, dass sie mit korrupten Beamten interagierten, in der zweiten Runde doppelt so viele Bestechungen wie zuvor anboten, erklärt Professor Abbink. Das Risiko von Sanktionen wurde dementsprechend als unwichtig abgetan.

Aus diesen Beobachtungen lässt sich schließen, dass es bei Antikorruptionskampagnen darauf ankommt, dafür zu sorgen, dass Bestechungen nicht mehr als normal angesehen werden, anstatt härtere Strafen einzuführen. Denn die bloße Meinung, dass Bestechungen unter bestimmten Umständen als normal angesehen werden, hob jegliche anderen Entscheidungsfaktoren auf. So spielte es keine Rolle, welches Geschlecht die Teilnehmer hatten, über welchen gesellschaftlichen Status sie verfügten oder ob sie beispielsweise in ein wirtschaftswissenschaftliches Studium eingeschrieben waren.

Die Untersuchungen der Monash Business School stützten sich dabei auf eine frühere Forschungsarbeit von Professor Abbink und Professor Gangadharan, die sie zusammen mit Tarun Jain von der Indian School of Business und Utteeyo Dasgupta von der Fordham University durchführten mit dem Titel "Letting the Briber Go Free – An Experiment on Mitigating Harassment Bribes".

Dabei ging es um die Frage, ob es eine Auswirkung hat, wenn nur die Beamten, die Bestechungen akzeptieren, auch bestraft werden sollten, anstelle von den Bürgern, die eine Dienstleistung in Anspruch nehmen müssen. Bei den Forschungen stellte sich heraus, dass Korruption um 35% reduziert werden kann, wenn nicht der Bestechende bestraft wird.

Bestechungen müssen häufig von Bürgern oder Firmen bezahlt werden, um Gefälligkeiten bei Verträgen oder bei Dienstleistungen von Beamten zu erhalten. In einigen Ländern werden diese ebenfalls angeboten, damit Dienstleistungen ausgeführt sowie Pässe genehmigt werden oder auch, um in ein öffentliches Krankenhaus eingeliefert werden zu können. In Ländern wie Indien finden sich die Bürger so in einem Dilemma wieder. Entweder sie bezahlen oder die Dienstleistung wird nicht ausgeführt. Dies führt Professor Abbink zu seiner Argumentation, dass wir beim Umgang mit Korruption umdenken müssen und nur härtere Strafen für beide Parteien keinen langfristigen Erfolg erzielen werden.

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