Leben in Australien - Was ist anders als in Deutschland?

„Was ist eigentlich anders in Australien als in Deutschland?“ Diese Frage höre ich sehr oft, wenn ich mal wieder in Deutschland zu Besuch bin. Und sie ist gar nicht so leicht zu beantworten, auch nicht, wenn man seit acht Jahren in Australien lebt. „Der Umgangston ist lockerer“, fällt mir meist als Erstes ein. Man redet sich in der Regel mit dem Vornamen an. Leute, die man nicht kennt, fragen einen, wie es geht: die Busfahrerin, der Bankangestellte, die Kassiererin im Supermarkt. Für mich ist das mittlerweile so alltäglich geworden, dass ich mich zusammenreißen muss, um nicht auch in Deutschland bei Aldi an der Kasse fröhlich „Wie gehts denn so?“ zu fragen. Aber sonst? Australische Kultur, was ist das eigentlich?

Gemeinsame Unternehmungen Down Under

Kultur und Alltagsleben

In Australien leben Menschen aus fast 200 verschiedenen Ländern: Etwa ein Viertel der Bevölkerung wurde im Ausland geboren. Über 40 Prozent haben mindestens einen Elternteil, der in einem anderen Land geboren wurde. Fast ein Viertel der Bevölkerung spricht zu Hause nicht nur Englisch, sondern eine von 300 weiteren Sprachen, darunter viele indigene Sprachen.

Die usprünglichen Einwohner Australiens sind die Aborigines und die Torres Strait Islander. Die Aborigines kamen vor 40.000 – 60.000 Jahren nach Australien und stellen somit die älteste überlebende Kultur der Welt dar, wobei man eher von Kulturen sprechen sollte: Es gibt hunderte verschiedener Aborigine-Nationen. Die Torres Strait Islander sind die ursprünglichen Bewohner der Inseln der Torres Strait im Norden von Queensland.

Alle anderen Australier sind Einwanderer – entweder die Nachkommen von Menschen, die vor vielen Jahren den langen Seeweg zum fünften Kontinent auf sich genommen haben, oder Menschen, die erst vor kurzem nach Australien gekommen sind: als Arbeitskräfte, internationale Studenten oder Flüchtlinge. Vielen Menschen ist es wichtig, sich die eigene Kultur zu bewahren und zu Hause zum Beispiel die eigene Muttersprache zu sprechen. Den „typischen Australier“ gibt es also eigentlich gar nicht. Trotzdem haben viele Menschen eine genaue Vorstellung davon, was „typisch australisch“ ist, wobei sich solche Ideen manchmal auch widersprechen können. Viele Menschen finden zum Beispiel, dass die australische Gesellschaft sehr egalitär ist. Klassenzugehörigkeit spielt theoretisch keine große Rolle, und Leute verschaffen sich eher durch harte Arbeit Anerkennung. Heilig ist vielen Australiern ist das Prinzip des „Fair Go“: Demnach sollte jeder Mensch gleich behandelt werden und eine gerechte Chance bekommen.

Da Klassendenken als etwas Negatives angesehen wird, gibt es eine gesellschaftliche Tendenz, allzu erfolgreiche Menschen zu kritisieren. Dies wird als „Tall Puppy Syndrome“ bezeichnet. 

Umgekehrt mögen viele Australier „Underdogs“, also Menschen, die sich in einer unvorteilhaften Position befinden, aber dennoch alles geben, um ihre Ziele zu erreichen.

Dazu passt auch der lockere Umgangston: Statt mit Doktor- und Ehrentiteln redet man Leute mit dem Vornamen an. Oder gleich mit „mate“ – Das bedeutet so viel wie „Kumpel“, und es ist ganz normal, Leute die man kaum kennt, so anzusprechen. So begrüßte zum Beispiel der australische Cricketheld Dennis Lillee selbst die Queen mit einem lockeren „Gday, how ya goin?“ Smalltalk mit Fremden gilt als höflich, deshalb wird man zum Beispiel an der Supermarktkasse nach seinem Befinden gefragt. Wenn man mit dem Taxi fährt, sollte man sich nicht einfach auf die Rückbank verdrücken, denn das gilt zumindest bei Männern als unhöflich: Es wird erwartet, dass man sich nach vorne setzt und sich mit dem Fahrer unterhält. Als Frau darf man sich zur eigenen Sicherheit aber ruhig nach hinten setzen.

Wirklich egalitär ist die australische Gesellschaft aber nur in der Theorie. Den Aborigines und Torres Strait Islandern gegenüber zeigen viele Menschen nur wenig Toleranz, und es gibt jede Menge Vorurteile. Ausgrenzung, Diskriminierung und extreme Armut sind leider an der Tagesordnung.

Auch dass Status und Rolle in Australien überhaupt keine Rolle spielen, entspricht nicht ganz der Wahrheit. Bei vielen offiziellen Anlässen wird zum Beispiel erwartet, dass man sich für die Vertreter der Regierung erhebt. Auch bei Abschlussfeiern von Universitäten wird erwartet, dass man für die Vertreter der Bildungseinrichtung aufsteht, während sie in den Raum einziehen. Bei solchen Anlässen heben sie sich durch ihre feierliche Kleidung deutlich von allen anderen ab und die traditionellen Gewänder sind ein Symbol für ihren jeweiligen Status.

In Australien gibt es auch zwei sehr widersprüchliche Ansichtsweisen über den Respekt vor Autoritäten. Viele Australier finden, dass ihre Gesellschaft sehr gesetzestreu, ja sogar konformistisch sei.

Andere sind dagegen der Meinung, dass der typische Australier Autoritäten gegenüber sehr misstrauisch gegenüber stehe. Dies lässt sich gut an der historischen Persönlichkeit des Ned Kelly veranschaulichen, der für die einen ein Volksheld und moderner Robin Hood, für die anderen ein Mörder und Krimineller war. Ned Kelly lebte im 19. Jahrhundert in Victoria und geriet bereits in jungen Jahren mit der Polizei aneinander. Um sich vor den Autoritäten zu verstecken, lebte er mit seiner Gang im Busch, von wo aus er Banküberfälle beging. Nachdem er und seine Gang drei Polizisten ermordeten, galten sie als Gesetzlose. Im Jahr 1880 wurde Kelly von der Polizei gefasst und im selben Jahr hingerichtet. Volksheld oder Mörder – an dieser Frage scheiden sich seitdem in Australien die Geister.

Beim Thema Humor ist man sich dann schon eher einig – Viele Australier bezeichnen sich selbst oft als locker und machen gerne Witze, auch über ihr Gegenüber. Darauf sollte man als AusländerIn nicht beleidigt reagieren, denn wenn man über jemand anders Witze macht, bedeutet dass häufig, dass man sein Gegenüber sympathisch findet. Falls die Witze dann für Ihren Geschmack doch etwas zu derb sind, wechseln Sie einfach das Gesprächsthema... und reden Sie zum Beispiel über Ihre Pläne für das nächste Wochenende.

Einladungen

Irgendwann erhält sicher jeder Student eine Einladung mit etwa folgendem Wortlaut: „Birthday party, Sat 7pm, my place– BYO.“ oder „BBQ on Sunday, 2pm. Bring a plate.“ Bei Leuten, die zum ersten Mal in Australien sind, löst das vielleicht erstmal Verwirrung aus. BYO steht für „Bring your own“ und damit sind meistens alkoholische Getränke gemeint, unter Umständen aber auch die Steaks für den Grillabend mit Freunden. Seine eigenen Getränke mitzubringen ist in Australien sehr üblich, gerade, aber nicht nur, unter Studenten. Dies liegt vor allem daran, dass Bier, Wein & Co in Down Under sehr teuer sind.

Wundern Sie sich auch nicht, wenn auf solchen Partys jeder wirklich nur das trinkt, was er selbst mitgebracht hat. Bedienen Sie sich also nicht einfach am Sixpack eines anderen Gasts, wenn dieser sie nicht ausdrücklich dazu auffordert. Am Ende der Party nehmen viele Gäste ihre Getränke wieder mit nach Hause. BYO ist vielen Australiern so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie es eventuell auch dann machen, wenn dies auf der Einladung gar nicht angegeben ist. Aus diesem Grund haben wir nach meiner Geburtstagsparty jedes Jahr viel zu viele Getränke übrig. Im Zweifel empfiehlt es sich, einfach nachzufragen. Bei formellen Anlässen wie Hochzeiten und Verlobungen ist BYO nicht üblich, obwohl ich es tatsächlich einmal erlebt habe. 

„Bring a plate“ steht häufig auf Einladungen für Grillabende und Gartenfeste und bedeutet, dass man etwas zu Essen mitbringen soll, das dann mit allen anderen Gästen geteilt wird, zum Beispiel einen Salat oder einen Nachtisch. Auch wenn man zum Abendessen eingeladen ist, sollte man etwas mitbringen oder dies zumindest anbieten. Hier empfehlen sich eine gute Flasche Wein oder Pralinen. Blumen mitzubringen ist nicht üblich.

Wird man ins Restaurant eingeladen, sollte man darauf eingestellt sein, dass die Rechnung nachher durch alle geteilt wird. Wer die anderen einladen möchte, wird schnell als großspurig angesehen: Viele Australier finden eben, dass ihre Gesellschaft egalitär ist. Aus demselben Grund gibt man in der Regel auch kein Trinkgeld, denn man geht davon aus, dass die Bedienung ein angemessenes Gehalt bekommt. Wenn man möchte, kann man es trotzdem machen, und manchmal steht auf der Theke ein sogenannter „Tip Jar“ in den man ein paar Münzen werfen kann.

Etwas anderes ist es, wenn man mit Freunden in den Pub geht: Hier ist es durchaus üblich, dass man abwechselnd eine Runde ausgibt. In vielen Restaurants kann man übrigens seine eigenen alkoholischen Getränke mitbringen und zahlt dann lediglich eine kleine Gebühr für die Gläser, die einem zur Verfügung gestellt werden. Dies ist meist in Restaurants der Fall, die selbst keinen Alkohol ausschenken. Bei allen Einladungen, sei es zum Abendessen oder ins Restaurant, sollte man möglichst pünktlich erscheinen, denn darauf legen auch die Australier großen Wert.

Essen

Wo wir gerade beim Thema Essen sind: Was ist eigentlich „typisch australisches Essen“? Auch diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Denn die „typisch australische Küche“ ist im Grunde genommen eine sehr internationale Küche. Vor allem in den größeren Städten haben Sie eine riesige Auswahl an thailändischen, indischen, chinesischen, italienischen und griechischen Restaurants, um nur ein paar zu nennen. Und auch zu Hause kochen viele Aussies international. Die vielen Einwanderer haben in Australien übrigens nicht nur zu einer sehr vielseitigen Küche beigetragen, sondern auch zu einer ausgeprägten

Kaffeekultur

Da in vielen Gegenden das ganze Jahr lang die Sonne scheint, ist Grillen gilt bei vielen Leuten besonders beliebt. So ein „Aussie BBQ“ kann man nicht nur zu Hause, sondern auch in öffentlichen Parks veranstalten, wo Elektrogrills für die Besucher bereitgestellt werden. Manchmal landen dann auch Kängurusteaks oder –würstchen auf dem Grill. Dieses Fleisch wurde schon vor zehntausenden von Jahren von den Aborigines verzehrt. Andere traditionelle „Bush Foods“ sind einheimische Nüsse, Beeren und Gewürze, von denen manche ihren Weg in die moderne australische Küche gefunden haben.

Fragt man einen Australier danach, was denn nun typisch australisches Essen sei, so antwortet dieser meist mit einem Zwinkern: „Meat Pie“. So ein Pie ist mit Hackfleich und Bratensoße, manchmal auch mit Pilzen und Käse gefüllt. Mit Ketchup serviert bekommt man ihn an fast jeder Straßenecke.

Sportkultur

Und wo schmeckt ein Meat Pie besser als im Stadion? Sport gehört für viele Australier einfach zum Alltag dazu. Die beliebtesten Sportarten in Down Under sind Rugby, Cricket und Aussie Rules Football. Es gibt zwei Arten von Rugby: League und Union. Rugby Union ist die ursprüngliche und Rugby League eine etwas abgewandelte, noch körperbetontere und schnellere Form. Rugby League ist besonders in Queensland und New South Wales beliebt, und die Mannschaften der beiden Bundesstaaten messen sich jedes Jahr im sogenannten State of Origin. Aussie Rules ist eine Mischung aus Rugby, Handball und Fußball, die vor allem in Victoria und South Australia beliebt ist, denn dort wurde diese Sportart zum ersten Mal gespielt. Wichtige Cricketspiele finden in Australien vor allem um die Weihnachtszeit statt, zum Beispiel das Boxing Day Test Match, das am Zweiten Weihnachtstag beginnt. Hier trifft die australische Nationalmannschaft auf ein anderes internationales Cricketteam. Besonders beliebt sind auch die Ashes, die regelmäßig zwischen England und Australien ausgetragen werden. Für ein Cricketspiel muss man Geduld mitbringen, denn so ein Spiel kann sich über mehrere Tage hinziehen. Allerdings gibt es auch eine verkürzte Version, das Twenty20 Cricket, welches etwas drei Stunden dauert.

Fussball

Zu langsam und zu wenig körperbetont – Fußball hatte in Australien lange Zeit einen eher schlechten Ruf. Dies hat sich in den letzten Jahren sehr geändert, und dazu hat auch der Erfolg der Nationalmannschaft Socceroos beigetragen, die sich im Jahr 2006 zum ersten Mal nach 32 Jahren für die Weltmeisterschaft qualifizieren konnten. Die offizielle Fußballliga ist die A-League, an der neben neun australischen auch ein neuseeländischer Verein teilnehmen. Natürlich gehen Australier nicht nur gern ins Stadion sondern bleiben auch selbst gern fit. Fast 70 Prozent der über 15-Jährigen treiben regelmäßig Sport, zum Beispiel Schwimmen, Joggen oder Mannschaftssportarten.

Unileben

So auch viele Unistudenten: Die meisten Unis verfügen über ausgezeichnete Sportanlagen. Insgesamt ist das Studentenleben gerade an den größeren Unis vielseitiger als an so mancher deutschen Hochschule. Es gibt ein breites Freizeitsangebot, Clubs und Vereine, in denen man Mitglied werden kann, Kneipen, Cafes und unieigene Kinos. Genauso wie das Land selbst sind auch die Unis sehr multikulturell und jedes Jahr kommen Studenten aus aller Welt nach Down Under. Dies macht es für viele leicht, auf dem Campus schnell Kontakte zu finden. Freuen Sie sich also auf ihren Studienaufenthalt in Down Under - und mit unseren Do´s und Dont´s kann auch eigentlich nicht mehr viel schief gehen!

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