Die University of Queensland und Brisbane kann ich wärmstens empfehlen

Tim Varelmann | RWTH Aachen

Wo
The University of Queensland

Zeitraum
2016

Was
Probability Models & Stochastic Processes, Optimization Theory, Computational Fluid Dynamics, Advanced Topics in Control Engineering

Studienprogramm
Auslandssemester

Förderung
IRH Förderprogramm

30.06.2016

Auslandssemester an der University of Queensland

Campus University of Queensland

Vorbereitung

Nachdem das Ranke-Heinemann Institut meine Bewerbung für die UQ in Brisbane organisiert hat, habe ich im März meinen Flug bei STA Travel gebucht. STA hat meiner Erfahrung nach auch in Australien die günstigsten Flugreisen, Unterkünfte bucht man besser direkt als über das Büro um bessere Preise und viel mehr Flexibilität im Falle einer Planänderung zu bekommen. Als die „Confirmation of Enrolment“ von der UQ gekommen ist, habe ich mich online für das student visa beworben, welches auch unmittelbar genehmigt wurde. Anfang Juli habe ich mich dann in den Flieger nach Dubai gesetzt, dort 2 Nächte verbracht und mir die Stadt angesehen. Dies war eine gute Methode um die Zeitumstellung zu reduzieren, von Dubai nach Brisbane waren nur noch 6 Stunden Differenz zu überbrücken. Sehr angenehm war der Service an Board des A380 mit Emirates: Für das leibliche Wohl wurde bestens gesorgt, die angebotenen Serien, Filme und Musik sind aktuell und umfangreicher als man jemals erwarten würde, wenn man zum ersten Mal mit Emirates fliegt.

Die Miete wird in Australien wöchentlich bezahlt und hat ob der Höhe selbst die Münchener Kommilitonen staunen lassen. Bei meinem Auszug wurde sogar auf den Tag genau Miete erhoben. Bei der Wohnungssuche waren 80% meiner Besichtigungen nach der ersten Minute bereits beendet, weil die Sauberkeit nicht akzeptabel war. Außerdem habe ich mir in der ersten Woche eine Simkarte, eine Go-Card (erlaubt ÖPNV zum Studententarif), Studentenausweis und erste soziale Kontakte organisiert.

Erfahrungen im Studium

Die Informationsveranstaltungen in der orientation week waren sehr mau aber verpflichtend. Ich halte es allerdings für fraglich ob die Anwesenheit rigoros geprüft wurde. Einige Clubs beginnen aber schon wieder Veranstaltungen anzubieten, was großartig ist um entspannt Menschen kennenzulernen.

Zu Beginn des Semesters musste ich zunächst meine vorab getroffene Fächerwahl überarbeiten: Zum einen aufgrund von Kollisionen im Stundenplan, zum anderen, weil sich Inhalte der Kurse geändert hatten. Schließlich habe ich mich für die folgenden Kurse entschieden:

Probability Models & Stochastic Processes: Dies war der Kurs, in dem ich wohl am meisten gelernt habe. Die zweiteilige Vorlesung hat mich zunächst mit den Besonderheiten der Algebra mit Zufallsvariablen vertraut gemacht, bevor verschiedene Familien stochastischer Prozesse thematisiert wurden. Zweiwöchentliche Hausaufgaben fließen zu 42% in die Gesamtnote ein und ergänzen die Vorlesung zeitlich meist passend. Insbesondere weil die Lehre im Bereich Stochastik für Ingenieure an meiner Heimatuni sehr spärlich ist, war dieser Kurs eine absolute Bereicherung für mich.

Optimization Theory: Inhaltlich eher einfacher Kurs, weil lediglich Probleme einer starren Form behandelt werden, für die ein Lösungsalgorithmus existiert, welcher nur korrekt angewandt werden muss. Schwierigkeiten bereitet die Vorlesung, welche von einem chinesischen Professor gehalten wird, der höchstens mäßiges gebrochenes Englisch spricht. Häufiger kam es vor, das Fragen nach mehrmaligem Nachfragen aus dem Plenum einfach nicht verständlich beantwortet wurden und schlicht offen blieben. Interessanterweise würden die heimischen Studenten die Vorlesung nicht als schlecht bezeichnen, höchstens wird behauptet „I’ve had worse lectures“.

Computational Fluid Dynamics: Dieses Fach ersetzte das Pflichtfach an meiner Heimatuni und wäre andernfalls auch nicht von mir belegt worden. Ein Großteil der Kursnote setzt sich aus den Assignments während des Semesters zusammen, was aufgrund der Natur des Fachs auch sinnvoll ist. Diese werden in Teams zwischen 2 und 4 Personen bearbeitet.

Advanced Topics in Control Engineering: Ein sehr arbeitsintensiver Kurs, die ersten Wochen waren für mich Wiederholung, anschließend wurden fortgeschrittene Regelungstechniksthemen behandelt. Aufgrund der vielen Assignments hatte ich häufig den Eindruck, dass der Fokus eher darauf liegt, Dinge die man schon weiß zu Papier zu bringen, als neue Konzepte zu erfassen. Methodisch gut waren die „Practicals“: Hier wurde beispielsweise eine Regelung programmiert um ein Pendel in aufrechte Position zu bringen und mittels eines Gyroskops dort robust gegen Störungen zu halten, oder eine Steuerung für ein kleines Helikopter-Model entworfen, welches die Steuerung des Helikopters durch einen Joystick erlaubte. Dies waren endlich mal Übungsaufgaben, welche aufgrund ihrer Komplexität keinen Übungsaufgabencharakter hatten.

Professor McAree war ein toller Professor: Immer für ein Gespräch zu fachlichen und organisatorischen Themen verfügbar, nie um einen fachspezifischen Witz verlegen und mit großer Begeisterung bei der Sache. Eine besondere Stärke war die präzise Formulierung seiner hohen Ansprüche an die zahlreichen zu erbringenden Prüfungsleistungen.

Sehr genossen habe ich die Tatsache, dass ich an einem Campus studieren konnte. Nicht selten bin ich morgens früh zum Campus gefahren, um dort reichhaltiges und abwechslungsreiches Mittagessen im „Food Court“ zu bekommen, welches bezahlbar, aber nicht wie in deutschen Mensen ausschließlich preisorientiert ist. Im Angebot sind Indisch, Tex-Mex, Japanisch, Türkisch, Subway, Singapore Noodles, Sushi, Fastfood und frische Salate Sandwiches etc. Nach Feierabend waren zum Abendessen noch einige Läden offen, sowie sehr saubere und gut instandgehaltene Mikrowellen an verschieden Orten des Campus. Anschließend wurde durch die zahlreichen Clubs (Brettspiele, Sci-Fi, Harry Potter, Fitness, Fussball, Wakeboard, Diving, Quidditch, Zaubertricks) die Abendplanung organisiert, bevor der letzte Bus den Campus verlässt.

Erfahrungen im alltäglichen Leben

Brisbane ist eine klasse Stadt um zu Studieren: Groß genug für eine komfortable Infrastruktur und diverse Parklandschaften, aber nicht so laut und hektisch wie andere australische Großstädte.

Busfahrpläne sind typischerweise nur grobe Orientierung, sie fahren gerne mal 3 Minuten vor Fahrplan ab oder kommen mehr als 5 Minuten später, in der Regel ist der Plan aber so dicht, das man einfach den nächsten Bus der ankommt nimmt, und gar nicht erst plant.

Viele amerikanische Phänomene lassen sich im australischen Alltag beobachten: Je größer die Werbung für ein Sonderangebot im Supermarkt oder Restaurant, desto geringer der Preisnachlass. Jegliche Art von Aktivitäten beinhaltet ganz ausführliche Sicherheitseinweisungen, sei das um Zutritt zu einem Computerlabor zu bekommen oder ein Tagesausflug in den Regenwald bei dem die Möglichkeit zum Schwimmen im Süßwassersee besteht. Grund dafür ist die Rechtsprechung, die erfordert, dass die veranstaltenden Institutionen jede noch so selbstverständliche Gefahr ansprechen müssen, um nicht haftbar zu sein.

An vielen öffentlichen Plätzen inklusive allen Bars gibt es in Australien Leitungswasser umsonst, was grundsätzlich sehr cool ist, allerdings ist das Zeug stark chloriert, weshalb ich mir lieber einen Filter gekauft habe und morgens einige Flaschen abgefüllt habe um durch den Tag zu kommen. Der beste Ort um Lebensmittel zu kaufen, ist der Markt. Besonders Obst, Gemüse, Honig, Nüsse usw. werden hier häufig direkt vom Erzeuger verkauft und sind sowohl günstiger als auch qualitativ besser als im Supermarkt. Außerdem gibt es hier (halbwegs) dunkles Brot zu kaufen, was dem deutschen Brotgenießer sehr gelegen kommt.

Geht man aus, stellt man schnell fest, dass in Australien (und übrigens genauso in Neuseeland) sehr viel gute Charts-Musik aus vergangenen Jahren gespielt wird. Falls man die Lieder seinerzeit nicht wirklich komplett kaputt gehört hat, ist das eine klasse Abwechslung zu Deutschland wo man vergleichsweise nur brandaktuelle Musik und Neunziger hört.

Zum Schluss des Semesters gibt es an der UQ eine Woche ohne Vorlesungen und Klausuren bevor die zweiwöchige Klausurphase losgeht. Ein wahnsinnig gutes Konzept meiner Meinung nach, auch wenn die Woche in manchen Kursen – die ich nicht belegt habe -  für Assignments genutzt werden muss. Etwas schade ist, dass die Uni keine Räume mehr für Aktivitäten von Clubs und Societies zur Verfügung stellt, weil dies ja eine Ablenkung darstellen kann. Als ob man nicht auch ohne Clubs prokrastinieren könnte…

Diese Woche wurde von vielen internationalen Studenten genutzt um nochmals gemeinsam essen zu gehen und sich über anstehende Reisepläne auszutauschen, denn es geht eigentlich niemand unmittelbar nach den Klausuren wieder nach Hause. In meinem Fall saß noch ein Trip durch Neuseeland drin.

Schlussworte

Mein Auslandssemester war eine einmalig gute Gelegenheit ein fremdes Land kennenzulernen, im internationalen Kontext zu studieren und einen Perspektivwechsel zu erleben. Die University of Queensland und Brisbane im Allgemeinen kann ich wärmstens empfehlen, wie auch die Förderung des Ranke-Heinemann Instituts – fast so warm wie die australischen Temperaturen im November.

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