Abenteuer Neuseeland

Natascha Lewe | Masterstudentin

Wo
Victoria University of Wellington

Zeitraum
2016 - 2017

Was
MSc Ecology & Biodiversity

Studienprogramm
Masterstudium

Förderung
IRH Förderprogramm

31.07.2016

Masterstudium in Ecology & Biodiversity an der Victoria University of Wellington

Blick über Wellington

Dieser Erfahrungsbericht könnte wie so oft damit beginnen, wie ich mit Mitte 20 direkt nach dem Studium in Deutschland überlege, wo ich denn für eine Studienarbeit, einen PhD oder ein Praktikum im Ausland so hingehen könnte. Denn es ist ja nicht nur für die allgemeine Lebenserfahrung nützlich, sondern auch im Lebenslauf für einen späteren, potentiellen Arbeitgeber durchaus vorteilhaft, einen entsprechenden Auslandsaufenthalt präsentieren zu können.

So beginnt es hier aber nicht … ein Lebenslauf für einen späteren Arbeitgeber ist mir recht gleichgültig und ich bin auch nicht mehr Mitte 20 am Beginn meines Berufslebens. Ich bin 39, habe nach dem Studium bereits 10 Jahre hart gearbeitet und wage mit meinem Mann einen Neuanfang in Neuseeland - hier werde ich nun erneut studieren, in Wellington, der südlichsten, vermutlich kleinsten und nach vielen Aussagen coolsten Hauptstadt der Welt.

Vorbereitung

Wenn man nicht nur zeitweise ins Ausland fährt, sondern auf unabsehbare Zeit auswandert und seine Zelte in Deutschland vorerst komplett abbricht, wartet erst einmal eine Menge Vorbereitung, Recherche und so einige Formalitäten auf einen. Vieles muss zertifiziert und beglaubigt werden, anderes gekündigt oder schon einmal (falls möglich) in Neuseeland angelegt werden.

Am Anfang stand aber wie erwähnt erst einmal eine ausführliche Recherche. Welche Möglichkeiten gibt es überhaupt, nach Neuseeland auszuwandern? Wie sind die Bestimmungen, welche unterschiedlichen Visa existieren und welche kommen für mich/uns in Frage? Wo gibt es welche Universitäten, welche Zulassungskriterien haben sie und was bieten sie für Studiengänge an? Das und vieles mehr waren Fragen, die es zu allererst zu klären galt und genau hier kam für mich dann auch das Ranke-Heinemann-Institut ins Spiel.

An mein vorhandenes Bio-Studium wollte ich anknüpfen und darauf aufbauend einen Master und ggf. PhD anhängen. Denn wenn Neuseeland nicht hochgradig biologisch interessant ist … ja was denn dann? Ausgiebige Internetrecherche führte mich auf die Spur von Instituten, die Studenten bei der Studienplatzwahl unterstützen und da in zeitlicher Nähe eine Messe für Studenten („master and more“) in Berlin stattfinden sollte, enstschied ich mich, mir diese Institute persönlich anzuschauen. Dabei machte das RHI den entschieden besseren und freundlicheren Eindruck und ich nahm den Kontakt auf. Die Beratung verlief super, trotz meines ungewöhnlichen Werdegangs fühlte ich mich perfekt aufgehoben und mir wurde Mut gemacht, dass das klappen wird. Meine Beraterin und ich haben dann Bewerbungen einen MSc in „Ecology“ für die University of Canterbury (UC) und Victoria University of Wellington (VUW) fertig gemacht – okay, sie hat es gemacht und ich habe ihr nur alle Unterlagen gegeben – und nach einiger Zeit kamen ganz unterschiedliche Rückmeldungen: die UC würde mich nicht im MSc aber im Bachelor nehmen und von der VUW hat mich eine Dozentin aus dem Fachbereich angemailt, dass meine Unterlagen im Fachbereich kursieren würden, ich aber zuvor einen supervisor brauchte, bevor ich angenommen werde. Okay, das hörte sich ja schon gut an, ich hatte bisher immer auf eine Antwort gewartet, ob das überhaupt klappen würde, aber nun durchstöberte ich die Homepage des Fachbereichs, um mir ein schönes Gebiet auszusuchen.

Hier fand ich nach einigem Durchstöbern der jeweiligen Fachgebiete und –themen der unterschiedlichen Arbeitsgruppen dann auch etwas Passendes und ich nahm mit leichter Anspannung den ersten Kontakt auf. Lange hatte ich nicht mehr so akribisch an einer E-Mail herum formuliert! Eine Antwort ließ glücklicherweise nicht lange auf sich warten und der anfängliche Kontakt stellte sich bereits als unglaublich nett und unkompliziert heraus, es wurden jetzt nur noch zwei Referenzen aus meinem beruflichen Umfeld benötigt, die mich als Person beschreiben sollten, es ging hier explizit nicht um fachliche Kompetenz. Aus Deutschland kennt man so etwas ja eher nicht. Das war dann aber auch relativ schnell erledigt und ich hatte eine Betreuerin. Super!

Glücklicherweise konnten wir uns mit der Planung des weiteren Auswanderns Zeit lassen und hatten daher genug Spielraum, alles nach und nach vorzubereiten, zum Ende hin würde die Zeit dann bestimmt wie üblich doch knapper und letzte Erledigungen hektischer werden.

So wurden u.a. unsere Studienabschlüsse für das vor Ort geltende System zertifiziert (da diese noch vor der Bachelor/Master-Umstellung in Deutschland lagen), polizeiliche Führungszeugnisse mit Apostille beantragt, Umzugsunternehmen recherchiert, Sprachprüfungen (Cambridge, IELTS) absolviert usw.

Und schließlich, nach mehreren Monaten intensiver Vorbereitung war es dann soweit! Zum Ende hin hatten wir den Auszug mit Wohnungsübergabe sowie die Abholung unseres Hausstandes für den Überseecontainer in die letzte Woche vor dem Abflug gelegt, nur wenige Tage auseinander und alles verlief wie am Schnürchen. Die letzten drei Tage übernachteten wir im Haus meiner Eltern auf der Couch und dann sollte das Abenteuer Neuseeland losgehen.

Ankunft in Neuseeland

Nach ca. 30h Reisezeit in Auckland angekommen ging es für uns erst einmal in unsere Unterkunft, die Verandahs Backpacker Lodge, eine super gelegene und wirklich malerisch schöne Unterbringung. Das war für die ersten Tage auch unsere einzige fest im Voraus gebuchte Unterkunft, der weitere Plan bestand nun darin, ein Auto zu kaufen und damit die nächsten ca. 4-6 Wochen die Nordinsel abzufahren.

Auckland als solches aber auch die aktuelle Saison waren bzgl. Autokauf leider eher ungünstige Faktoren. Auckland ist an sich bereits schon etwas teurer, in der Sommersaison ist die Nachfrage aber auch noch einmal tendenziell größer, da sich eben viele länger in NZ verweilende Touristen sowie Work&Travel-Reisende nach fahrbaren Untersätzen umschauen. Abgesehen davon, dass wir uns in den nächsten Tagen viele, viele Gebrauchtwagenhändler ansahen (bzw. vielmehr deren Angebot), unser bereits online in Berlin eingerichtetes Bankkonto nun hier bei einem Termin in einer örtlichen Filiale aktivierten, sahen wir uns aber natürlich auch Auckland an. Als sehr praktische Investition stellten sich dann auch die gleich zu Beginn gekauften AT HOP Karten für Bus und Bahn heraus, die man bequem am Schalter oder Automaten mit Geld aufladen kann, um dann im Anschluss bargeldlos herum zu fahren – und per Karte ist es auch noch etwas günstiger, als jedes Mal separat ein Ticket zu kaufen. Man zieht diese einfach immer beim Ein- und Aussteigen am entsprechenden Lesegerät vorbei und der für die Strecke anfallende Preis wird direkt abgezogen.

Letztendlich - geplant gewesen war es nicht – haben wir uns dann sogar einen Campervan zugelegt, auch wenn wir eigentlich einen „normalen“ PkW kaufen und die Zeit über Zelten wollten. Das hat sich aber im Nachhinein als wirklich praktisch heraus gestellt und somit fuhren wir dann von Auckland aus zuerst an die Westküste, im Anschluss dann nach Norden über die Bay of Plenty bis zum Kape Reinga und zurück zur 90-Mile-Beach. Dann weiter an der Küste entlang über den Waipoua Forest (in dem wir die größten Kauribäume Neuseelands in ihrer majestätischen Pracht bewunderten) und wieder über Auckland auf die Coromandel-Halbinsel, runter nach Rotorua mit all seinen heißen Quellen und „mud pools“, über Taupo sowie im Anschluss Napier mit seiner interressanten Innenstadt im Art déco-Stil bis dann schließlich nach Wellington.

Haussuche

Dann ging es an die Haussuche, was sich im Nachhinein deutlich schwieriger als erwartet heraus stellte. Studentenwohnungen oder auch ein Zimmer in einer WG in Wellington waren für uns keine Option, wären aber ebenfalls schwierig gewesen, da Januar/Februar genau in den Zeitraum fallen, in dem vor Semesterbeginn viele eine Unterkunft suchen und die Nachfrage entsprechend hoch ist. Bei uns gab es hauptsächlich zwei Knackpunkte für eine erfolgreiche Haussuche: eine schriftliche Bestätigung unseres vorherigen „landlords“ (also Vermieters), dass wir auch sauber und ordentlich waren. Das läuft hierzulande eben dezent anders als in Berlin, wo uns unser Vermieter in den ganzen Jahren nur 2x zu Gesicht bekam, nämlich bei Einzug und Auszug. Hier in Neuseeland (zumindest bei uns, natürlich können wir das nicht pauschalisieren) kommt nun wirklich alle 3 Monate jemand vorbei, der sich alles ansieht. Was nicht heißt, dass in unseren Augen sinnvolle und erwähnte Schönheitsreparaturen erledigt werden, aber dennoch gibt es zumindest entsprechende Besichtigungen. Bislang waren wir dann immer zuhause, aber interessanterweise scheint das nicht notwendig zu sein und man würde auch ohne uns hier durch gehen. Auch etwas, was durch den strikten Schutz der Privatsphäre in Deutschland undenkbar wäre. Das ist uns aber auch bei Hausbesichtigungen bereits aufgefallen: war der Mieter nicht da, wurde eben einfach aufgeschlossen und wir wurden trotzdem herum geführt und durften uns überall umsehen.

Wenn einem Gegend und andere grobe Eckdaten einer Anzeige zusagen, muss man sich das Objekt sowieso noch ansehen, um überhaupt abschätzen zu können, ob die Größe stimmt. Denn hier wird i.d.R. nie auch nur mit einem Wort die Wohnfläche erwähnt, Grundstücksgrößen eigentlich auch nie, außer es handelt sich um etwas wirklich Großes. Und eine Wohnung/Haus mit zwei „bedrooms“ kann dann zzgl. zum Wohnzimmer zwei große Zimmer beinhalten, aber auch zwei kleine Kämmerchen mit 2x2m Grundfläche. Daher kommt man um eine Besichtigung eigentlich nie herum, nicht einmal bei der Vorauswahl.

Der zweite Knackpunkt war, dass wir zwar einige Ersparnisse nachweisen konnten und das als Sicherheit für die Vermieter auch taten, damit sie sehen konnten, dass wir definitiv auf lange Sicht in der Lage sein werden, Miete zu zahlen, dennoch hatte aber noch niemand von uns einen Job. Nach ca. 60 angesehenen Häusern und einigen Bewerbungen als Mieter klappte es dann aber endlich! Der Besitzer ging zwar nur darauf ein, wenn wir die erste Miete vorab für 3 Monate zahlen (danach dann wie hier üblich wöchentlich oder zweiwöchig), aber so what … wir hätten auch das erste Jahr im Voraus bezahlt, um das Haus zu bekommen, dieser Zug war aber nun nicht mehr notwendig.

Bei Mieten muss man auch wissen, dass diese hier höher liegen als in Deutschland (oder zumindest Berlin, wo wir herkommen). Für ein Haus, und ich rede nicht über große Grundstücke und gut in Schuss gehaltene Objekte, fängt es pro Woche in und um Wellington/Lower Hutt mit 400-450 NZD an, interessant zu werden. Bei 400 NZD muss man allerdings schon unverschämtes Glück haben und auch für 450 NZD wird es immer noch knapp mit einer guten Auswahl. Außer man ist scharf auf eine kleine Bruchbude, die vermutlich zwischen anderen Bruchbuden irgendwo auf einen Hinterhof gequetscht worden ist. Das haben wir leider nur allzu oft sehen dürfen, dass Grundstücke mit 2-3 Hütten zugepflastert werden, die dann dicht auf dicht ohne nennenswerten Abstand zueinander und Grün dazwischen stehen. Wer keinen Wert auf Garten oder eine zumindest angenehm nutzbare Außenfläche legt, hat hier bestimmt mehr Auswahl, für uns war das aber wichtig. Und wenn man ab 500 NZD pro Woche aufwärts guckt, dann wird der Zustand auch schon spürbar besser.

Der Zustand der Häuser war (bis auf die wenigen privat vermieteten, die wir sahen) in der Regel grenzwertig bis desaströs, wenn man deutsche Maßstäbe anlegt (wie erwähnt im Bereich um 400 NZD/Woche). Es gab Ausnahmen, auf die wir uns dann auch bewarben, aber das Zusammenspiel, dass der Mieter hierzulande keine Schönheitsreparaturen von sich aus durchführen darf und die Besitzer das anscheinend dann auch nicht für nötig halten, gepaart mit keinem gesetzlichen Qualitätsstandard für den Hausbau, kann dann zu entsprechenden Ergebnissen führen. Feuchtigkeit und Schimmel werden dann sehr häufig im Winter zu einem echten Problem, da Heizungen, wie wir sie kennen, ebenfalls nicht üblich sind. Man hat dann mit Glück einen nutzbaren Kamin und/oder eine Wärmepumpe in einem Zimmer, das war es aber meist auch schon. Isolierung vermisst man oft ebenfalls; auch wenn das ¾ des Jahres wegen der gemäßigten Temperaturen in den meisten Gegenden Neuseelands vermutlich auch recht egal ist: im Winter sieht es da schon anders aus. Ist Isolierung gemeinhin bereits ein Fremdwort, so ist es so etwas Abgefahrenes wie Doppelverglasung erst recht. Oder dass Fenster überhaupt ansatzweise dicht sind. Bei uns aktuell ist es z.B. so, dass sich die Vorhänge bei geschlossenen Fenstern deutlich bewegen, wenn draußen der Wind pfeift. Wenn es bei uns in der Winterzeit nachts vielleicht mal auf 4-5 °C sinkt und es tagsüber dann 11-13°C sind, hat man unter diesen Umständen ohne ordentlich Heizen schnell Außentemperatur = Innentemperatur … stellen wir die Wärmepumpe im Wohnzimmer ab, bemerken wir bereits nach 5 min ein spürbares Kälterwerden. Aber wir blicken dem Frühling entgegen und dann wird das alles kein Thema mehr sein. Und das Haus gefällt uns ansonsten wirklich gut, denn es ist schön geschnitten und sehr hell mit einem tollen Ausblick direkt aus dem Wohnzimmer heraus über die Veranda auf grüne Hügel. Natürlich auch mit Schafen, die dürfen hier ja nicht fehlen.

Studium

Im Vergleich zu den Erfahrungen, die ich mit deutschen Unis und Dozenten hatte, ist die Welt hier (oder heute generell?) doch ein bisschen anders. Nachdem wir in Wellington ankamen, hatte ich meine Dozentin angeschrieben, um mich mit ihr zu treffen, und sie hat mich gleich gefragt, ob ich zwei Tage später mitkommen möchte, um beim Projekt einer ihrer MSc Studentinnen mitzuarbeiten. Selbstverständlich! Als ich da in den Wairarapa wetlands unter praller Sonne dann Proben nehmen durfte, wustte ich, dass es richtig war, den (gut bezahlten, stressigen) Job in Berlin an den Nagel zu hängen und nochmal etwas anderes zu machen!

Später konnte ich noch bei einem anderen Projekt im Tongariro Nationalpark helfen und das waren wirklich Erfahrungen, die ich sonst nie gemacht hätte. Nicht nur, dass wir in halsbrecherischem Tempo über eine Schotterpiste zu der Unterkunft hochgebracht wurden (immer am Hang lang...), wir Studenten aus dem Arbeitskreis hatten eine ganze Hütte, die im Winter als Skihütte für ca. 50 Leute dient, für uns alleine. Man steht morgens auf, sieht den Sonnenaufgang das Bergmassiv bzw. die Vulkane langsam erleuchten und ist einfach nur von der Schönheit dieses Naturschauspiels beeindruckt.

An der Victoria Universität in Wellington neigt sich nun mein erstes Semester bereits dem Ende zu, aber ich kann definitiv behaupten, dass es mir dort großen Spaß macht. Der Weg von der Uni und auch der Blick aus der Bibliothek bieten wunderschöne Ausblicke über die Stadt und die Bucht und die Uni selbst hat viele Bereiche, die sehr neu und modern sind. Überall finden sich bequeme Ecken zum Sitzen mit Mitstudenten, die Ausstattung mit Computern etc. ist auch ganz hervorragend, offene Küchenzeilen bieten sich an, um sich Tee zu kochen oder sein Essen in die Mikrowelle zu packen. Obwohl ich nur zweieinhalb Kurse im ersten Trimester hatte, war es eine sehr harte Zeit, da sie sehr aufwendig und anspruchsvoll waren (wenn man eine gute Note haben möchte). Die Mitstudenten und Dozenten sind durch die Bank weg super nett, aber ich verstehe mich eher besser mit meiner Betreuerin (wir sind gleich alt) als mit den jüngeren Studis. Die Betreuungssituation ist je nach Betreuer mehr oder weniger intensiv, regelmäßige Treffen in der Arbeitsgruppe („lab beers“ ^^) und Einzeltreffen sind in meiner Gruppe die Regel. Die Kiwis (Neuseeländer) haben es da aber nicht so mit der Teilnahme und sehen es eher lockerer.

Alles in allem lief alles wunderbar und ich freue mich auf die weitere Zeit an der Victoria University of Wellington!

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