Ich habe mir fest vorgenommen, noch einmal zurückzukommen

Lina Tschauder | Bachelorstudentin

Wo
Brock University

Zeitraum
2018 - 2019

Was
Bachelor of Science, Biomedical Sciences

Studienprogramm
Bachelorstudium

Förderung
IRH Förderprogramm

31.07.2019

Abi geschafft - und was jetzt?

Abi geschafft - und was jetzt? So ging es mir, wie vielen anderen auch. Ich wollte gerne ins englischsprachige Ausland und dachte mir: Warum nicht Kanada, das zweitgrößte Land der Welt? Tja, aber was macht man dort? Work and Travel oder studieren? Ich hatte lange Zeit geplant, Work and Travel zu machen - und so war es eine recht spontane Entscheidung, doch zu studieren - und lief eher nach dem Motto „dabei sein ist alles!“ ab.
Um mich bei einer kanadischen Universität bewerben zu können, musste ich als erstes einen englischen Sprachtest absolvieren, wie den IELTS oder TOEFL. In meiner Nähe wurde nur der TOEFL angeboten und so entschied ich mich kurzerhand, am nächsten Testtermin teilzunehmen.
Als das positive Ergebnis kurze Zeit später kam, unterstützte mich das Institut Ranke-Heinemann (IRH) bei der Anmeldung für das Studienprogramm „Biomedical Sciences“ an der Brock University in St. Catharines, Ontario.  Unabhängig davon, dass dies eine Voraussetzung für eine Finanzierung eines Semesters durch die IRH war, hat diese Hilfe wesentlich dazu beigetragen, dass ich problemlos einen Studienplatz erhalten habe. Die Zusage der Universität erhielt ich somit kurze Zeit später mit einem kleinen Päckchen Konfetti zum Feiern. Zusätzlich bot mir die Universität den „Brock Scholars Award“ an, eine finanzielle Unterstützung der Universität, die jeder Erstsemester-Student mit einem Notendurchschnitt von 80% und höher erhält und sich in den folgenden Jahren aufs Neue erarbeiten kann
 

Auch das IRH bietet eine finanzielle Unterstützung an, was mir sehr weitergeholfen hat. Da ich mich für ein vierjähriges Programm entschieden hatte, musste ich ein Study Permit beantragen, welches mir die Einreise nach Kanada erlaubte. Das Ausfüllen einiger Formulare gestaltete sich einfacher als gedacht. Die offizielle Seite der kanadischen Regierung hat mir bei jeglichen Fragen zum Study Permit sehr gut weiterhelfen können (canada.ca). Nach erfolgreichem Beantragen des Study Permits hieß es dann nur noch Flugtickets kaufen, Koffer packen und los geht’s!

Nach meiner Ankunft im August in Toronto ging es weiter für mich mit dem Bus auf die andere Seite des Lake Ontario nach St. Catharines in der Nähe der Niagara Fälle. St. Catharines ist nur eine kleine Stadt mit einer Hauptstraße, an der man einige Geschäfte findet. Außerhalb von Downtown St. Catharines gibt es aber durchaus einige größere Shopping Malls sowie Outlet-Center, die sich gut zum shoppen eignen und auch einfach mit dem Bus zu erreichen sind. Auch Hamilton, Mississauga und Toronto, sowie Niagara Falls und Buffalo (U.S.) liegen in erreichbarer Nähe. Nach Niagara Falls kann man sogar mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, deren Benutzung in den Tuition Fees enthalten ist. Niagara Falls ist auf jeden Fall einen Ausflug wert – besonders abends, da dann die Fälle in verschiedenen Farben angestrahlt werden und ein Feuerwerk zu besonderen Anlässen veranstaltet wird (im Sommer fast jedes Wochenende und Ende November für die „Cascade of Fire“, ein Feuerwerkswettbewerb von verschiedenen Ländern).
Die Brock University bietet jeden Sommer sogenannte „BaseCamp’s" an. Das sind mehrtägige Outdoor-Touren zum Kennenlernen anderer Erstsemester-Studenten und für Internationale Studenten. Ich hatte mich für eine fünftägige Kanutour im Algonquin Provincial Park angemeldet. Mit mehreren Vans machten wir uns also eine Woche vor offiziellem Semesterbeginn auf den Weg zum Algonquin Park nördlich von Toronto. Dort erwartete uns eine wunderschöne Landschaft aus Seen und Wäldern. Aufgeteilt in mehreren Gruppen fuhren wir mit den Kanus los, von einem See zum anderen, schliefen in Zelten unter dem Sternenhimmel und aßen abends am Lagerfeuer. Bei dieser Tour habe ich eine Reihe guter Freunde gefunden, mit denen ich auch noch sehr viel Zeit während des Semesters verbracht habe.

Zurück an der Uni haben wir die letzte Nacht auf dem Campus gecampt und sind am nächsten Morgen in die Studentenwohnheime eingezogen. Ich hatte mich für ein Studentenwohnheim entschieden, da ich niemandem in Kanada kannte und dachte, ich würde so durch meine Mitbewohnerin im Doppelzimmer immerhin schonmal eine Person kennen. Außerdem war ich so direkter im Unileben auf dem Campus eingebunden. Mein Wohnheim war zwar das älteste, lag aber auch zentral auf dem Campus, was das Laufen zu den einzelnen Gebäuden vereinfachte. Die Brock University ist noch relativ jung. Sie wurde 1964 gegründet und hat einen stark expandierenden Campus.

Das Semester begann in der ersten September Woche mit Einführungsveranstaltungen in die Kurse, aber auch mit Partys, Freilichtkino, Comedy- und Magic-Shows und vielen anderen Veranstaltungen, welche von der „BUSU“ (Brock University Student Union) geplant wurden.
„Involvement“ wird an der Brock University groß geschrieben. So gab es auch nach der Einführungswoche jede Woche mehrere Veranstaltungen, organisiert von verschiedenen Organisationen auf dem Campus. Diese reichten von einer Wanderung zu den Decew Wasserfällen mit Geschichtslektion zu den Ureinwohnern und ihrem Schicksal in Kanada, über einen Ausflug zu den Nahe gelegenen Niagarafällen zu einem einfachen Spiele- oder Filme-Abend im Gemeinschaftsraum. Auch der 250. Geburtstag des Namensgeber der Universität, Major-General Sir Isaac Brock wurde groß gefeiert.
Das International Centre veranstaltete eine „International-week“ mit verschiedenen Angeboten, um die Kultur Kanadas besser kennenzulernen - so hatten wir u.a. die Möglichkeit für einen Nachmittag Curling zu spielen.

Der „Brock Badger Spirit“ wird generell sehr wichtig genommen, was man nicht nur beim Homecoming Eishockeyspiel sehen konnte, bei dem die komplette Arena mit rot gekleideten Menschen übersät war, die den Sieg der Badgers feierten, sondern bei jeglichen Sportveranstaltungen auf dem Campus und woanders.
Abgesehen vom Studentenleben auf dem Campus gab es natürlich auch noch die Vorlesungen, Labs, Tutorials und Seminare, zu denen ich mich angemeldet hatte. Da ich selber noch nicht in Deutschland studiert habe, kann ich keinen direkten Vergleich aufstellen, aber ich kann berichten, wie es mir in Kanada erging.
Die Professoren waren immer sehr bemüht, den Lernstoff so gut wie möglich zu übermitteln, standen für jegliche Fragen während und nach der Vorlesung zur Verfügung und nutzten sogenannte „Clicker“. Sie stellten Multiple-Choice-Fragen, auf die wir mit unseren „Clickern“ antworten mussten, damit sie einerseits die Anwesenheit überprüfen konnten, aber auch um ein ungefähres Bild davon zu bekommen, in wie weit das entsprechende Thema verstanden wurde. Diese Fragen bereiteten einen schon relativ gut auf die Klausuren vor, die Midterms, die im Oktober nach der „Reading Week“, einer Woche Ferien, stattfanden und den Finals am Ende des Terms im Dezember.

Die Labore waren sehr gut ausgerüstet und die Laborkurse fanden alle zwei Wochen in kleineren Gruppen statt. Die Laborberichte waren immer unterschiedlich, manchmal musste man nur ein paar Fragen beantworten und etwas berechnen, ein anderes Mal aber auch einen ausführlichen Bericht schreiben oder eine PowerPoint mit einem Grant Proposal erstellen. Die Technischen Assistenten standen mir jedoch immer für jegliche Fragen zur Verfügung.

In der Woche, in der ich kein Labor hatte, hatte ich ein Tutorial, in dem einem Probleme vorgestellt wurden und die entsprechenden Lösungswege. Damit man an diesen Veranstaltungen auch tatsächlich teilnimmt, musste man jedes Mal in Gruppenarbeit und anschließend in Einzelarbeit ein Problem lösen und abgeben.
In anderen Kursen hatte ich wöchentliche Seminare, in denen unsere Mitarbeit benotet wurde und wir regelmäßig Präsentationen halten mussten.
Durch all die Anwesenheitspflichten und das ständige Benoten kam ich mir ein bisschen vor, als ob ich wieder zurück in der Schule wäre, auch wenn ich mehr Freiheiten hatte und sehr viel mehr in kürzerer Zeit gelernt habe.

Was ich jedoch sehr gut fand war, dass im kompletten Semester wöchentlich verschiedene Workshops kostenlos angeboten wurden, die sich mit verschiedenen Themen beschäftigt haben, z.B. wie man bessere Essays schreibt, Multiple-Choice-Fragen am Besten beantwortet oder richtig zitiert, damit man keine Probleme mit Plagiat Vorwürfen bekommt. Zusätzlich gab es aber auch Drop-In-Center in der Bibliothek, in denen einem ältere Studenten bei jeglichen Fragen zu Aufgaben geholfen haben.

Alles in allem hat mir mein erstes Semester an der Brock University gut gefallen.
Ich hatte viele Möglichkeiten, mir die Niagara Region anzusehen, einiges über Kanada zu lernen und Erfahrungen zu sammeln, die ich für immer schätzen werde. Vor allem habe ich auch ganz viele nette Kanadier kennengelernt, die mich sehr unkompliziert zu sich nach Hause oder zu Ausflügen einluden und gute Freunde wurden. Trotzdem habe ich mich dazu entschlossen, mein Studium ab dem nächsten Wintersemester in Deutschland fortzusetzen. Dies liegt vor allem an den hohen Kosten, die mit einem Studium in Kanada verbunden sind, aber auch an persönlichen Gründen. Ich habe mir aber fest vorgenommen, noch einmal zurückzukommen.

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