Das erste Semester ging viel zu schnell vorbei

Selina Jungbecker | Masterstudentin

Wo
Curtin University

Zeitraum
2019 - 2020

Was
Master of Project Management

Studienprogramm
Masterstudium

Förderung
IRH Förderprogramm

31.12.2020

Ein großartiges erstes Semester

Bereits 2015 bei einer zweimonatigen Reise an der Ostküste Australiens verliebte ich mich in dieses Land und wusste, ich möchte zurückkommen. Diesmal aber für längere Zeit und weniger tourimäßig. Nach einem Gastvortrag einer Dozentin aus Sydney an meiner Heimatuniversität und viel Recherche zu australischen Universitäten wurde mir dann klar, dass ich die Lösung gefunden hatte, ich wollte meinen Master in Australien machen!

Allerdings beinhaltet die Bewerbung und Planung ein Riesenaufwand, vor allem wenn man nicht einmal weiß, wo man anfangen muss. Dank dem Institut Ranke-Heinemann wurde mir ein Großteil der Arbeit und Teile der Kosten abgenommen. Das Institut reicht alle Unterlagen bei der Uni ein, was die Kommunikation um ein Vielfaches vereinfacht und erstattet einem, wenn man ins Förderprogramm aufgenommen wurde, sogar 10% der Studiengebühren für das erste Semester zurück!

Ich musste mich also nur noch entscheiden, wo ich eigentlich hinmöchte. Die Ostküste hatte ich bereits gesehen, die Westküste noch nicht. Außerdem ist hier weniger Backpacker-Tourismus und die Stadt ist ruhiger. Hinzu kam, dass die Curtin University genau den Studiengang anbietet, den ich belegen wollte, den Master of Project Management. Außerdem hat die Uni einen guten Ruf, nicht nur in akademischer Hinsicht, sondern auch was Soziales oder Sportprogramme angeht. Des Weiteren ist eine ausgezeichnete Unterstützung bei mentalen Problemen gegeben.

Nachdem die Bewerbung reibungslos verlief und ich schnell akzeptiert wurde, konnte die Planung beginnen! Einige Sachen konnte ich glücklicherweise bereits von Zuhause aus organisieren. Ranke-Heinemann hat mir geholfen, ein australisches Konto zu eröffnen, so dass das erledigt war, bevor ich überhaupt das Land verlassen hatte. Außerdem hatte ich mir online eine WG gesucht. Ich habe mich dagegen entschieden, im Studentenwohnheim unterzukommen, da das um einiges teurer ist, als sich etwas off-campus zu suchen. Über flatmate.au habe ich dann eine nette WG in Bentley gefunden, nur wenige Gehminuten von der Curtin Shuttle Bus Route entfernt, welcher alle halbe Stunde fährt und komplett kostenlos ist. Erst nachher habe ich erfahren, dass Bentley wohl nicht die beste Gegend ist. Eine meiner Mitbewohnerinnen hat mir empfohlen, besser meinen Schlüssel als Schlagring zwischen die Finger zu nehmen, wenn ich abends nach Hause komme. Von anderen Studenten habe ich immer wieder gehört, dass es besser ist, gar nicht abends alleine zu Fuß unterwegs zu sein, zumindest als Frau. Entgegen aller Warnungen habe ich bisher nichts erlebt, was das schlechte Image von Bentley bestätigen könnte. Da fast alle meine Vorlesungen abends sind und ich häufig den Bus verpasst habe, bin ich die 30 Minuten nach Hause einfach gelaufen. Was mir aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass alle Leute scheinbar verschwinden, sobald es dunkel ist. Die Straßen sind wie leergefegt und auch in den Häusern sieht man wegen der Sonnenblenden kaum Licht. Trotzdem hatte ich nie auch nur ein mulmiges Gefühl, wenn ich abends durch Bentley gelaufen bin.

Nachdem ich angekommen bin, bin ich direkt auf Jobsuche gegangen. Mit einem Studentenvisum darf man während des Semesters 20 Stunden die Woche arbeiten und in den Semesterferien sogar Vollzeit. Da ich bereits fünf Jahre Erfahrung in der Gastronomie habe, habe ich mir wenig Gedanken gemacht, ob ich einen Job bekommen könnte. Wie falsch ich damit lag! Als allererstes, um in Australien in der Gastro zu arbeiten, braucht man ein RSA (Responsible Service of Alcohol) Certificate. Das kann man ganz bequem online machen. Zumindest wenn man NICHT bereits mit einem Student Visa subclass 500 in Australien ist, dann kann man es nämlich explizit nicht online machen. Erst dachte ich, ich könnte es gar nicht machen und war ziemlich verzweifelt. Doch dann habe ich erfahren, dass man es wohl machen kann, man muss nur einen Provider finden, der bei CRICOS angemeldet ist. Den zu finden war nicht so einfach und als ich dann den Preis gesehen habe, musste ich mich erstmal sammeln. Anstatt $25 für ein bequemes Online-Zertifikat, müsste ich $150 für ein Zertifikat bezahlen, das ich teils online und teils in persona machen müsste. Zu dem Zeitpunkt hatte ich glücklicherweise bereits einen Arbeitgeber gefunden, der mir empfohlen hat, das RSA trotzdem einfach online zu machen, da es in den meisten Fällen nicht unbedingt kontrolliert wird. Das habe ich im Endeffekt auch gemacht. Eine Freundin von mir hatte allerdings weniger Glück, bei ihr wurde der Visa-Status kontrolliert und sie musste das Teure RSA machen. Um dieses ganze Drama zu umgehen, empfehle ich, das RSA zu machen, BEVOR man sein Visum beantragt. Das ist kein Problem und wenn man den RSA vor dem Visum hat, gibt es da auch keine Probleme. Der Grund, warum man es nicht machen darf, wenn man das Studentenvisum hat, ist, dass es eine „Ausbildung“ ist und mit dem eigentlichen Studium konkurrieren würde - Unsinn meiner Meinung nach, aber so ist es eben.

Allerdings war es nicht nur ein Drama, das RSA zu bekommen, momentan ist es nicht einfach, Arbeit in Perth zu finden. Die Wirtschaft ist nicht auf ihrem Höhepunkt und es gibt viel mehr Arbeitssuchende als Arbeitgeber. Ich bin in jedes Restaurant und Café in meiner Nähe gegangen und habe gefragt, ob sie gerade Leute einstellen, aber hatte nirgends Glück. Das war eine neue Erfahrung für mich, da ich es aus der Gastro nur kenne, dass ständig Angestelltenmangel herrscht. Auf ungefähr 20 Bewerbungen, die ich online abgeschickt habe, bekam ich eine Antwort, eine Absage. Erst über eine Facebookgruppe konnte ich endlich etwas finden! Ich fing an, im Celtic Club in West Perth zu arbeiten, allerdings nicht genug Schichten, um alle meine Kosten zu decken. Dennoch konnte ich dort einige Kontakte knüpfen und so ein Job-Interview für einen besseren Job ergattern. Da ich kein Auto habe, bin ich zu dem Zeitpunkt auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen und brauchte etwas, was nicht zu weit weg ist. Wenn man länger in Perth bleibt, ist es wirklich zu empfehlen, sich ein Auto anzuschaffen. Es gibt viele Autos auf Gumtree oder Facebook Marketplace, die nicht viel kosten und trotzdem zuverlässig laufen. Ohne Auto können Strecken, die in 5-10 Minuten zu fahren sind, schon mal 40-50 Minuten dauern, da alle Züge und die meisten Busse zentral über Perth City gehen und man dort umsteigen muss.

Zurück zum Semesteranfang! Die erste Woche an der Curtin University ist die Orientierungswoche. Ich dachte, dass es wie Zuhause sein würde und bereitete mich mental auf viel Alkohol, Trinkspiele und wenig wirkliche Informationen vor. Ich lag komplett falsch! Anders als bei uns ist die Orientierungswoche tatsächlich nützlich! Es gibt neben den Pflichtveranstaltungen Unmengen an informativen Veranstaltungen. Von Vorträgen, wie man die elektronischen Dienste, wie z.B. Oasis and Blackboard, benutzt, über Sport- und Freiwilligenprogramme bis hin zu den vielen verschiedenen Clubs, die angeboten werden, ist alles dabei. Es ist eine tolle Möglichkeit, mit dem riesigen Campus vertraut zu werden und Leute aus dem eigenen und anderen Studiengängen kennenzulernen. Außerdem erfährt man Dinge wie, wo man seinen Studentenausweis und seinen Smartrider abholen kann, oder wo es die schönsten Toiletten und besten Kaffee gibt.

Der Smartrider ist eine Karte für die öffentlichen Verkehrsmittel und sehr zu empfehlen! Man kann damit alle Busse, Züge und sogar Fähren benutzen, die von TransPerth betrieben werden. Der Smartrider ist nicht nur supereinfach aufzuladen und zu gebrauchen, man bekommt auch ordentlich Rabatt auf alle Fahrten. Man kann die Karte ganz einfach per App aufladen. Die App zeigt auch alle Verbindungen an.

Curtin bietet auch immer wieder kleine Reisen und Ausflüge an, so ergriff ich sofort die Chance, mit der Uni eine Fahrt nach Rottnest Island zu machen. Für nur $50 war der gesamte Transport abgedeckt und man konnte sich bequem morgens an der Uni treffen und los ging es mit dem Uni-eigenen Bus nach Fremantle zum Hafen. Normalerweise kosten die Tickets für die Fähre alleine schon $55-65, ohne den Transport zum Hafen. Die Fahrt zur Insel dauert ca. 30 Minuten und man sieht Quokkas quasi, sobald man das Schiff verlässt. Die niedlichen Tiere sind mehr oder weniger das Wahrzeichen der Insel und einer der Gründe, warum ich nach Perth wollte. Man darf sie nicht füttern oder anfassen, allerdings sind sie so zutraulich und an Touristen gewöhnt, dass es sehr einfach ist, ihnen nahezukommen und tolle Selfies mit ihnen zu machen. Daraus wurde auch von Curtin ein Wettbewerb gemacht. Wer das beste Quokka-Selfie mit dem #curtinisc postet konnte einen $50 Gutschein für alle Uni-Geschäfte und Cafés gewinnen. Da das Wetter an dem Tag leider schlecht war und es die meiste Zeit geregnet hat, hatte niemand so richtig Lust, auf dem Boden liegend mit den sehr kleinen Quokkas Fotos zu machen. Ich habe den Aufwand dennoch betrieben und konnte so auch den Gutschein gewinnen! Mit nur drei Fotos, die bei einer Gruppe von 20 Personen gepostet wurden, war das zwar auch nicht so schwer, aber man freut sich trotzdem darüber!

Eine weitere tolle Erfahrung war es, mit Curtin Volunteers! an einigen Hilfsprojekten teilzunehmen. Curtin bietet die Möglichkeit, während des Semesters an regelmäßigen Programmen oder einzelnen Projekten teilzunehmen. Manche der Projekte dauern einen Vormittag oder Nachmittag, manche den ganzen Tag und manche sogar über ein ganzes Wochenende. Die Stunden, die man arbeitet, werden verbucht und ab 20 Stunden ist man ein Level 1 Volunteer und ab 35 Stunden Level 2. Das wird dann auch automatisch auf dem Student Record als Extracurriculum-Aktivität verbucht.

Mein Lieblingsprojekt, an dem ich teilgenommen habe, war die Williams Gateway Expo. Unsere Aufgabe war es, beim Aufbau und Ablauf der Veranstaltung zu helfen. Sprich wir sind Freitag angekommen, haben einige Zelte aufgebaut und konnten in einem Gemeindehaus übernachten. Am nächsten Tag mussten wir dann früh raus und den Rest aufbauen. Ich wurde danach in der Kirchenküche eingeteilt und durfte Sandwiches für die Besucher machen. Gegen Nachmittag wurden wir erst einmal nicht mehr gebraucht und durften uns die ganzen Stände mit handgemachten Artikeln und die Tiere anschauen. Wir hatten Gutscheine bekommen, mit denen wir uns Essen von den Food Trucks holen konnten, so dass wir gut versorgt waren. Abends haben wir dann nochmal beim Aufräumen geholfen, bevor der Tag mit Feuershow und Feuerwerk zu Ende ging. Sonntag haben wir dann noch den Rest aufgeräumt, der aufzuräumen war und sind wieder zurück nach Perth gefahren. Der ganze Trip hat $25 gekostet, was mehr dafür ist, dass sich die Teilnehmer verpflichtet fühlen, auch zu kommen, als zur Abdeckung der Kosten. Der Transport und sämtliche Mahlzeiten wurden nämlich bereitgestellt, so dass es definitiv ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis ist!

Das Wochenende in Williams hat sehr viel Spaß gemacht, es war eine tolle Möglichkeit, die kleine Stadt zu erkunden und neue Leute kennenzulernen. Die Expo an sich war eine tolle Erfahrung und ich bin wirklich froh, dass ich dank Curtin Volunteers! die Möglichkeit hatte, daran teilzunehmen.

Man kann sich auch als Volunteer Leader bewerben. Wenn man angenommen wird, darf man als Projektmanager die Projekte oder Programme leiten. Da ich Project Management studiere, habe ich mich direkt für das zweite Semester als Leader beworben und hoffe, dass ich angenommen werde!

Generell gibt es in und um Perth viele Sachen zu sehen und viele Plätze, zu denen man gehen sollte. Das Fremantle Prison ist eine absolute Empfehlung! Der Eintritt ist $24 für Studenten und es ist eine grandiose Tour durch das alte Gefängnis. Heirisson Island ist die Insel im Fluss, der mitten durch die Stadt fließt. Hier zahlt man keinen Eintritt und kann wilde Kängurus, die dort leben, hautnah erleben. Perth CBD ist der Place to be, wenn man abends weggehen möchte, mit Bars wie das Caballitos, die Market Grounds oder Holy Moly, wo man Minigolf spielen kann. Der Caversham Wildlife Park ist der Zoo und ebenfalls sehr schön und die Strände, wie Scarborough Beach, sind einfach traumhaft. Was natürlich nicht fehlen darf, ist ein Ausflug in den Kings Park, von wo man einen tollen Blick auf die Stadt hat.

Alles in allem hatte ich ein großartiges erstes Semester an der Curtin University in Perth mit einigen Hochs und Tiefs. Das Level der Uni ist hoch und man hat während des Semesters viel zu tun, da man viele Assignments erledigen muss. Dafür habe ich keine Klausuren, was meinen Stresslevel definitiv sehr reduziert! Das war ebenfalls einer der Gründe, warum ich nach Australien wollte, da mir dieses Lehrsystem viel mehr liegt als das Deutsche, das zu 90% auf Klausuren basiert. Natürlich hängt es vom Studiengang ab, ob man Klausuren hat oder nicht, vor allem im Bachelor schreibt man trotzdem noch Klausuren an der Curtin. Allerdings ist man durch das regelmäßige Arbeiten an den Assignments während des Semesters schon viel besser vorbereitet. Ich bin wirklich froh, dass ich mich trotz der hohen Kosten dazu entschieden habe, hierhin zu kommen und meinen Master hier zu machen. Das erste Semester ging viel zu schnell vorbei und wenn man ein halbwegs gutes Zeitmanagement hat, hat man auch keine Probleme, alle Aufgaben gut zu erledigen. Außerdem ist es keine Schande, nach Verlängerungen von Deadlines zu fragen, wenn man es zeitig macht!

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