Zeitraum
2015
Was
Psychologie
Studienprogramm
Auslandssemester
Förderung
IRH Förderprogramm
Der Start in mein Auslandssemester war durch die vorgezogene Klausurenphase in Deutschland recht turbulent. Als ich in der Bücherei saß um mich auf die rund einen Monat früher stattfindenden mündlichen Prüfungen vorzubereiten, während meine Freunde noch den Sommer genossen, dachte ich „das kann es gar nicht wert sein!“. Ich kann gar nicht ausdrücken wie falsch ich lag!
Den ersten Tipp den ich geben kann: Nutzt den Airport Pick-up Service. Es gibt nichts schöneres als nach ca. 28 Stunden Reise von einem freundlichen Fahrer im Anzug begrüßt zu werden und in sein Limousinen ähnliches Fahrzeug mit Ledersitzen einzusteigen (übrigens derselbe Service den die „Stars“ von „Ich bin ein Star holt mich hier raus“ nutzen, wie unser Fahrer jedem Deutschen stolz erzählt). Außerdem trifft man dort auf die ersten anderen Auslandsstudierenden und man merkt auch schon auf kurzer Strecke, dass alle dieselben Sorgen haben, was einem selbst wenigstens das Gefühl gibt man ist nicht alleine verloren.
Meine ersten Nächte verbrachte ich bei einer netten alten Dame bei der ich ein Zimmer über Airbnb gemietet hatte. Das war in dem Sinne praktisch, dass ich nah an der Uni war und sie mich sogar zu einigen Wohnungsbesichtigungen gefahren hat. Empfehlen würde ich trotzdem ein Hostel in Surfers Paradise zu nehmen. Dadurch das ich in Southport in einem Privathaushalt lebte, lernte ich die ersten 2 Tage niemanden kennen (außer die nette alte Frau und eine Anfang 30 jährige Polin, die beide nicht wirklich meine Interessen teilten). Zum Glück war ich aber auch in der Study Abroad Facebook-Gruppe der Griffith University, wo für Sonntagabend ein treffen im Waxy’s verkündet wurde (ein Irischer Pub in dem sie zu der Zeit noch sonntags $2 Steaks verkauft haben. Inzwischen sind es schon $3.50 Steaks…). Dort habe ich dann fast alle Menschen kennen gelernt die meinen Aufenthalt hier so unvergesslich gemacht haben. Und, was zu dem Zeitpunkt wichtiger war: Ich kannte Leute neben die ich mich bei der Einführungsveranstaltung setzen konnte. Zur Vorbereitung - die meisten Studenten an dem Abend waren Deutsche. Generell ist Australien voller Deutscher. Wenn man sein Englisch verbessern möchte, sollte man einfach drauf achten immer wenigstens eine anderssprachige Personen dabei zu haben oder von Anfang an auch mit den Deutschen englisch reden. Klingt komisch, ist es auch, aber es funktioniert.
Und noch ein Hinweis: Ich kam 3 Tage vor Semesterstart an. Meiner Meinung nach reicht das locker! Wer früher kommt hat weniger Probleme eine Wohnung zu finden, aber mit ein bisschen Geduld haben wir alle etwas passendes gefunden. Ich finde es im Nachhinein viel wichtiger das sofort sehr viel los war, damit der Abschied von Zuhause leichter fällt und das Einleben automatisch geht.
Apropos Probleme eine Wohnung zu finden. Meine Suche angefangen habe ich auf Flatmates.com, was eine hilfreiche Website ist um sich Eindrücke über die verschiedenen Gegenden zum Leben zu verschaffen und auch über die Preise. Was die Gegenden angeht: Die meisten Auslandsstudierenden die ich kennen gelernt habe, haben in Surfers Paradise gewohnt. Der Rest hätte gerne dort gewohnt. Mit den Clubs und dem Strand ist es einfach der Place To Be, jedenfalls wenn man nicht ausschließlich zum Studieren kommt. Preislich gesehen wurde mir schnell klar das Surfers Paradise ohne shared room doch eher utopisch für mich aussah. Durch Gespräche habe ich dann erfahren, dass man auch einfach zu den großen Hotels laufen und an der Rezeption fragen kann, ob sie Wohnungen vermieten. Das klang zu Beginn sehr komisch für mich, aber da ich auf Flatmates.com (wie auch Gumtree) wenig erfolgreich war habe ich mir ein paar andere Wohnungslose geschnappt und einfach mal gefragt. Ich habe festgestellt so läuft das hier tatsächlich! Eigentlich alle Hotels vermieten voll möblierte Wohnungen, leider häufig mit einer Mindestmietzeit von 6 Monaten. Insgesamt sind wir 4 volle Tage durch ganz Surfers Paradise gelaufen und haben zusätzlich unzählige Anrufe getätigt, bis wir eine Wohnung hatten. Diese hatte dann ein tatsächliches Schlafzimmer, einen „Study Room“ (der zwar zum Sichtschutz geschlossen werden konnte, allerdings keine Geräuschisolierung hatte) und dann haben wir noch ein Bett in eine Ecke des Wohnzimmers gestellt und mit Hilfe von Kordel und 3 Duschvorhängen einen weiteren Raum geschaffen. Zu dritt war die Miete erschwinglich ($157 die Woche). Das klingt jetzt alles erstmal nicht erstrebenswert, allerdings hatten wir natürlich den Hauseigenen Pool – und Spa Bereich zur Verfügung, ausreichend Badezimmer in der Wohnung und eine perfekte Lage an Strand, Tram und direkt bei den Clubs. Außerdem waren wir eh meist tagsüber unterwegs, gelernt haben wir in der wirklich gut ausgestatteten Bibliothek und es waren schließlich auch nur 4 Monate. Ich würde es jederzeit wieder machen! Meine Freunde haben im Endeffekt alle etwas mit Einzelzimmern gefunden, das ist also auch nicht unmöglich, nur haben sie dann etwas weiter weg gewohnt oder deutlich mehr bezahlt. Das Fazit ist: mit ein bisschen Anstrengung und Kompromissbereitschaft wird sich auf jeden Fall etwas finden!
Wieder zu etwas angenehmeren Themen: Der Byron Bay Trip. Dieser fand direkt in der ersten Woche statt und bestand aus dem Currumbin Wildlife Sanctuary (Koalas halten und Kängurus füttern), dem Lighthouse Walk (zum most easterly point of Australia), einer Surfstunde und „kajakfahren mit Delfinen“ (wir haben keine gesehen…). Ich würde diesen Trip absolut weiter empfehlen. Nichts ist gerade am Anfang so wertvoll wie Leute kennen zu lernen. Byron Bay an sich ist auch später noch einfach zu erreichen und die Unternehmungen kann man auch alle selbst machen, aber die Atmosphäre beinahe das gesamte Hostel mit Griffith Studenten zu besetzen und Abends alle zusammen feiern zu gehen oder auch nur zusammen zu sitzen ist wirklich einzigartig (abgesehen davon, dass der Trip nicht mal total überteuert war, wie zu erwarten wäre). Allerdings war der Juli hier leider ziemlich kalt und es hat jeden Tag geregnet. Da macht surfen und kajakfahren natürlich etwas weniger Spaß. In meinem Optimismus (ich flog ja immerhin nach Australien!) hatte ich auch kaum warme Klamotten eingepackt. Vielleicht nicht die beste Idee, aber so habe ich mir einfach direkt am Anfang den Universitätspulli geholt, was in Verbindung mit anderen Jacken dann auch gereicht hat.
In der ersten Vorlesungswoche haben sich täglich die verschiedenen Clubs der Uni vorgestellt. Hierzu noch ein wertvoller Tipp: Am ersten Tag wurde die Vanity Clubkarte verteilt. Wenn man gerne feiern geht ist diese Gold wert! Mit dieser bekommt man immer freien Eintritt, was besonders als Frau praktisch ist, wenn Frauen auch noch umsonst trinken.
Ein weiterer toller Deal ist der Tauchkurs der Devocean Dive Tauchschule. Für $250 habe ich dort den Open Water Diver gemacht, welcher 4 Tauchgänge und eine Poolsession enthält. Das ist ein unschlagbarer Preis für ein paar wirklich lohnenswerte Tauchgänge und eine Ausbildung von wirklich netten, lustigen und professionellen Tauchlehrern. Ansonsten ist es natürlich auch interessant was alles so angeboten wird an Societies, Sportclubs etc.
Eine weitere schöne Erfahrung am Anfang waren meine Treffen mit meinem Griffith Buddy. Das ist ein Angebot bei dem Auslandsstudenten einem heimischen Studenten von den Griffith Mates zugeordnet werden. Die Griffith Mates organisieren verschiedene Veranstaltungen und unterstützen die Studenten auch im Alltag bei Fragen, Problemen oder verschönern einfach den Uni Alltag indem sie Sitzsäcke in der Sonne zur Verfügung stellen. Im Buddy Programm habe ich, abgesehen von den 6 gratis-Kaffees bei den wöchentlichen Treffen, viele nette Leute kennen gelernt, da wir uns von Anfang an in größeren Gruppen getroffen haben. Außerdem bleibt man so auf dem laufenden was alles an der Uni ansteht (Uni-Partys und ähnliche Events). Uni-Party Karten sollten übrigens immer möglichst Zeitnah gekauft werden. Alle Partys waren ausverkauft, die Halloween Party sogar nach 2 Tagen. Und für $5 hat man einen wirklich tollen Abend. Auch „Cocktails in the Sky“ sollte man sich nicht entgehen lassen. Das ist zwar etwas teurer, aber dafür findet es in der Skylounge des Q1 statt von der aus man eine atemberaubende Sicht auf Surfers Paradise und das Meer hat. Außerdem hat man bis 11 Uhr Freigetränke - Vortrinken macht also keinen Sinn und ist aus Erfahrung auch nicht empfehlenswert.
Zur Universität an sich: Der Gold Coast Campus der Griffith University ist insgesamt absolut modern, wobei besonders die Bibliothek mit dem davor hängenden Flachbildfernseher heraussticht. Gleichzeitig ist das Gelände aber auch sehr schön bepflanzt, sodass man nicht vergessen kann das man sich gerade in Australien befindet. Der Campus ist ziemlich groß und unübersichtlich und die Nummerierung der Gebäude ist absolut willkürlich. Die Wege zu seinen 3-4 Vorlesungen und Seminaren hat man aber trotzdem schnell drauf. Es gibt ausreichend Essensangebote, bei deren Preisen ich allerdings vorzog mir wieder Brote zu schmieren. Wasser kann man überall umsonst von den Trinkbrunnen bekommen. Es finden regelmäßig Märkte statt und im Zuge dessen werden auch Sitzsäcke und Decken zur Verfügung gestellt um die Live-Musik auf den Rasenflächen zu genießen. Alles in allem wird wirklich viel für eine schöne und entspannte Atmosphäre getan. Ähnlich atmosphärisch ist es in den kleinen Vorlesungen mit ca. 30 Studenten, bei denen die Dozenten sich teilweise sogar Mühe geben Namen zu lernen und aktive Teilnahme dringend erwünscht ist. Einer meiner Kurse dagegen, einer der beliebtesten Kurse der Universität, wurde in großem Umfang abgehalten. In Homicide kamen wöchentlich andere Gastredner um ca. 100 Studenten im Saal von ihren Mordermittlungen und Erfahrungen diesbezüglich zu berichten. Wenn man die Chance hat diesen Kurs zu belegen sollte man dies unbedingt tun! Ein weiterer deutlicher Unterschied zu einer deutschen Hochschule sind die Assessments, die 60-70% der Note ausmachen. Das sorgt für mehr Stress und Aufwand während des Semesters, nimmt aber erheblich den Druck von den Final Exams. Außerdem habe ich so meine schriftlichen Fähigkeiten auf Englisch deutlich verbessert. Auch dabei bietet die Griffith University natürlich Unterstützung, durch die English-Help. Hier kann man einen Termin ausmachen und sich von ausgebildeten Englischlehrern seine Assessments korrigieren lassen, die Fehler besprechen oder sich auch auf mündliche Präsentationen vorbereiten. Obwohl mein Englisch schon vor dem Auslandsaufenthalt sehr gut war, habe ich diesen Service gerne genutzt und definitiv davon profitiert!
Unabhängig von der Uni haben meine Freunde und ich die (langen) Wochenenden genutzt um die Gegend zu erkunden. Unser erster Trip führte uns zur Sunshine Coast, wo wir zum ersten Mal Nationalparks erkundeten. Besonders den Noosa National Park sollte man sich nicht entgehen lassen.
Ein langes Wochenende haben wir auf Fraser Island verbracht, eines der must-sees in Queensland. Wir haben die Insel auf eigene Faust erkundet und uns mit 12 Personen 3 Jeeps und ein Strandhaus gemietet. Während des Semesters ist so eine Gruppe gut zusammen zu finden und spart jedem Einzelnen kosten für ein tolles Erlebnis. Diese Chance sollte man unbedingt wahrnehmen!
In der Midsemester Break haben wir einen Roadtrip von Cairns nach Brisbane gemacht. Die Highlights auf dieser Strecke waren Cairns mit seinen Nationalparks und Wasserfällen (und es ist ein guter Ort das Great Barrier Reef zu erkunden), Townsville, von wo aus man Magnetic Island erreichen kann und natürlich die Whitsunday Islands mit dem Whitehaven Beach. Abgesehen davon, dass diese Ausflüge unvergesslich sind und wir wirklich viel Spaß hatten, haben wir so auch schon die Hauptziele Queenslands während der Vorlesungszeit erkundet und das ganze durch die Kostenteilung mit vielen Personen auch noch in bezahlbarem Ausmaß. Es lohnt sich also sich auch schon während des Semesters die Zeit zu nehmen solche Trips zu planen und zu machen. Das klingt jetzt selbstverständlich, aber ich habe all das nur erlebt weil meine Freunde sehr viel in die Hand genommen haben und so viel Glück kann ja nicht jeder haben!
Mein Fazit zum Auslandssemester ist, dass es mich sozial, sprachlich, emotional und erfahrungsmäßig deutlich bereichert hat und ich unendlich froh bin diese Chance genutzt zu haben. Ich kann jedem nur empfehlen sich eine solche Erfahrung nicht entgehen zu lassen, ob an der Gold Coast oder irgendwo anders. Allerdings ist die Gold Coast ein Traum!
Cheers,
Evelin