Alle Sorgen waren völlig unbegründet

Michaela Just | TU Dresden

Wo
James Cook University

Zeitraum
2016

Was
„Project Management“, „Managing People“, „Integrated Marketing Communication“

Studienprogramm
Auslandssemester

Förderung
IRH Förderprogramm

30.04.2016

Mein Auslandssemester an der James Cook University

Strandkunst Australien

Kurz vor der Abreise nach Australien habe ich immer wieder dieselben Sprüche gehört. Die Antworten darauf möchte ich hier direkt an den Anfang stellen: 

Erstens, ich habe hier auch nicht mehr Spinnen als in Deutschland gesehen und ich musste auch nicht vor jedem Schritt den Boden kontrollieren, damit ich nicht aus Versehen auf eine Schlange trete. Wenn dann doch mal jemand eine wirklich große Spinne oder sogar eine Schlange sichtet, wird diese wie eine Sehenswürdigkeit behandelt. Mit der Kamera bewaffnet pilgert man los, um einen Schnappschuss zu ergattern, der das besagte Monster am besten noch größer erscheinen lässt, als es ist.

Und zweitens, nein, ich habe hier keinen langen Urlaub gemacht! Das Semester in Australien war definitiv das anstrengendste in meinem gesamten bisherigen Studium. Ich habe in Deutschland bereits sechs Semester hinter mich gebracht. Nach dieser Zeit steckt man in einer Routine, man kennt seine Professoren und die Anforderungen bei den anstehenden Prüfungen. Im Ausland wird das dann alles auf den Kopf gestellt. Alles ist ungewohnt und dazu auch noch in einer anderen Sprache. 

 

Warum ich mich für Cairns entschieden habe

Dass ich ein Auslandssemester im englischsprachigen Raum machen möchte, stand schon länger fest. Doch eigentlich wollte ich noch bis 2017 warten und mein Ziel sollte Neuseeland sein. 

Als dann gegen Weihnachten die Hochzeitseinladung meiner Cousine, die vor zehn Jahren vom „Work and Travel“ nicht wieder zurückkam und seitdem in Cairns lebt, in der Post war, wurde spontan neu geplant. Nur für einen kurzen Besuch wollte ich den langen und teuren Flug nicht auf mich nehmen, und außerdem lag das Hochzeitsdatum im zweiten Studienhalbjahr 2016 und es war noch nicht zu spät für Bewerbungen. Nach einer kurzen Internetrecherche hatte ich herausgefunden, dass es in Cairns eine Uni gibt, die auch im Bereich Wirtschaft etwas anbietet. Schnell stand fest: nächstes Jahr geht es nach Australien!

Das Wissen, dass ich dort jemanden kenne, der mir bei nahezu jedem Problem helfen kann, hat mich sehr beruhigt und mich viel lockerer an die ganze Sache herangehen lassen. Im Nachhinein muss ich jedoch sagen, dass alle Sorgen völlig unbegründet waren. Auch ohne meine Cousine hatte ich in Cairns nie das Gefühl alleine oder hilflos zu sein.

 

Die Bewerbung, die Anrechnung und anderes Organisatorisches

Da die James Cook Universität keine Partneruni meiner Heimatuniversität ist, bekam ich nur wenig Hilfe seitens der Uni. Allerdings gibt es ja genügend Agenturen, die einem Unterstützung anbieten. Auf das Institut Ranke Heinemann kam ich durch eine Rundmail von einem meiner Professoren, der öfters Werbung für Infoveranstaltungen etc. weiterleitet. 

Die Vorteile, wenn man sich mit Hilfe einer Agentur bewirbt, wurden mir schnell bewusst: Oft war ich unsicher, ob ich wirklich alle und auch die richtigen Dokumente eingereicht hatte. Oder ich wurde nervös, als ziemlich lange keine Antwort von der australischen Universität kam. Oder ich wusste nicht so richtig, ob das, was ich per Mail bekam, jetzt wirklich ein Visum war oder nur die Bestätigung, dass ich eines beantragt hatte. Doch bei all diesen kleinen Problemen hat eine kurze Mail an meine Sachbearbeiterin genügt und ich bekam immer schnell eine freundliche, beruhigende Antwort. Die Erfahrung der Mitarbeiter beim Institut Ranke Heinemann war für mich einfach Gold wert, da ich zum ersten Mal durch so einen Bewerbungsprozess gegangen bin, sie jedoch mit diesen Abläufen vertraut sind.

Letztendlich war das Schwierigste die Entscheidung, für welche Kurse ich mich einschreibe, da das bereits in der Bewerbung enthalten sein muss. Ich habe verschiedene Module rausgesucht und die Verantwortlichen für ein Ähnliches Fach an meiner Uni gefragt, ob die Anrechnung möglich ist. Nachdem ich einige Absagen erhalten habe, da die Inhalte und auch die Lehrform zu verschieden sind, habe ich fast schon aufgegeben. Dann jedoch wurde mir ein Modul namens „International Experience“ ohne Schwerpunktzuordnung angeboten, bei welchem einfach die verrechneten Noten und die entsprechende ECTS-Anzahl übernommen werden. Das hatte einen weiteren Vorteil: ich war nicht mehr an meinen eigentlichen Schwerpunkt „Operations & Logistics Management“ gebunden und konnte somit in grundlegende Fächer anderer Schwerpunkte hineinschauen. Letztendlich habe ich mich für „Project Management“, „Managing People“ und „Integrated Marketing Communication“ entschieden. 

Allerdings ist die Fächerwahl gar nicht so bindend, wie das im Bewerbungsprozess den Anschein macht. Man kann in den ersten Wochen problemlos Module wechseln. In meinem Fall muss nur ein wirtschaftlicher Bezug in den Fächern sein, also hätte die Absprache mit den australischen Dozenten gereicht. Wenn ein Learning Agreement mit der Uni zu Hause unterschrieben wurde, ist dann natürlich etwas mehr Aufwand nötig. Aber ich habe von anderen internationalen Studenten gehört, dass das nach einigen Mails auch möglich gemacht wurde.

 

Die James Cook University

Die JCU ist eine eher kleine Uni mit einem sehr schönen Campus, der gut in die Natur eingefügt wurde. Es gibt Picknicktische in einem Waldstück direkt neben der Bibliothek und viele Wiesen zum Relaxen, aber auch überdachte Wege zwischen den einzelnen Gebäuden. Schließlich ist es ein Tropencampus. Das birgt viele schöne Seiten, aber hin und wieder eben auch starken Regen.

Die Vorlesungs- und Seminarräume sind sehr modern ausgestattet. Die meisten hatten richtige Schreibtische und nicht diese engen Sitzreihen mit den mini Klapptischen. Zu besagter moderner Ausstattung gehört allerdings auch eine sehr, sehr kalt eingestellte Klimaanlage. Egal wie heiß es nach und nach in Cairns wurde, ich habe immer eine Jacke mit in die Uni genommen.

Besonders gut fand ich, dass es eine Campusküche mit Kühlschränken, Mikrowellen, Wasserkochern etc. für Studenten gibt. Zwar wird auch in der Cafeteria ein warmes Mittagessen angeboten, allerdings ist das ziemlich teuer. 

Die Vorlesungen und Seminare empfand ich generell als sehr gut organisiert. Es gibt vor Beginn des Semesters eine genaue Beschreibung der Inhalte, Termine und Anforderungen für die einzelnen Prüfungsleistungen. Bei den Fächern, welche ich belegt hatte, wurde auch alles davon eingehalten. Die notwendigen Unterlagen und weiterführendes Zusatzmaterial wurde in einem Onlineportal zur Verfügung gestellt. Einer meiner Dozenten hat in diesem Portal auch den Videomitschnitt seiner Vorlesungen hochgeladen.

Das Niveau der Vorlesungen empfand ich schon als recht hoch. Da die Vorlesungen auch viel interaktiver sind als in Deutschland, sollte man sich wirklich vorbereiten und aufmerksam bleiben. Dennoch ist es nicht unmöglich die Kurse zu bestehen. Generell ist es einfacher eine gute Note zu bekommen, es ist nur sehr viel Arbeit. In der Mitte des Semesters hatte ich kurz das Gefühl, dass ich mit Hausarbeiten, Präsentationen und kleinen Tests überhäuft werde. Dafür war dann aber die Prüfungsphase entspannter. In einem Fach habe nicht mal eine Prüfung geschrieben.

 

Meine Wohnungen

Verglichen mit meinen Freunden in Cairns, bin ich relativ oft umgezogen, habe aber auch am wenigsten von uns allen für Miete gezahlt. Am Anfang bin ich für ein paar Wochen bei meiner Cousine ins Gästezimmer gezogen. Das war in Edge Hill, einem sehr schönen, aber auch sehr ruhigen Stadtteil von Cairns. 

Um meiner Cousine jedoch nicht länger als nötig zur Last zu fallen, bin ich dann in ein Sharehouse gezogen. Das war die heruntergekommenste Wohnung, in der ich jemals war. Von außen sah das Haus baufällig aus, in der Küchendecke war ein Loch, im Badezimmerfenster hat eine Scheibe gefehlt, überall war Dreck, mehrfach war eine Huntsman im Bad, Kakerlaken habe ich aufgehört zu zählen und die Küche war voller Mücken. Aber die Wohnung hatte zwei unschlagbare Vorteile: sie war im Stadtzentrum und vor allem richtig billig. Trotzdem war ich froh, als ich nach sechs Wochen wieder ausgezogen bin. 

Meine nächste Wohnung war dann das andere Extrem. Ich habe für eine junge Familie vier Wochen lang Haus und Hunde gesittet. Das Haus war riesig, besonders, wenn man vorher ein acht Quadratmeter großes Zimmer bewohnt hat. Außerdem war dort auch ein großer Pool. Für meine Freunde war schnell klar, wo wir uns von da an zum Barbecue treffen. Zwar ist Haus- und Hundesitten schon etwas Arbeit, aber es ist auch eine gute Möglichkeit, kostenlos zu wohnen.

Danach habe ich Cairns auch schon verlassen und bin nur für ein paar Tage, um zwei Prüfungen zu schreiben, nochmal zurückgekommen. In dieser Zeit war ich theoretisch obdachlos und habe überlegt, auf AirBnB etwas zu mieten. Letztendlich habe ich dann aber bei Freunden auf der Couch geschlafen.

Generell ist der Wohnungsmarkt sehr entspannt. Man ist nicht ewig an ein Zimmer gebunden, meistens beträgt die Mindestmietdauer nur zwei Wochen. Und man muss sich auch nicht ewig vorher für ein Zimmer bewerben. Wenn man flexibel bezüglich der Lage ist und auch nicht das billigste Zimmer sucht, findet man Angebote, wo man nach nur wenigen Tagen einziehen kann.

 

Was man neben der Uni in Cairns alles machen kann

Das Nachtleben wird in Cairns großgeschrieben! Die gängigsten Clubs, Bars und Pubs wurden uns auch direkt in der ersten Uniwoche gezeigt. Fast alle internationalen Studenten haben eine Partybustour zusammen gemacht, das heißt mit einem Doppeldeckerbus und lauter Musik durch die Stadt fahren und bei verschiedenen Clubs anhalten. Der positive Nebeneffekt: Man lernt sich auch außerhalb der Uni kennen und an dem Abend haben sich die Freundeskreise für die nächsten fünf Monate und darüber hinaus geformt.

Wer es ruhiger mag, kann am Strand oder der Lagune entspannen. Direkt in Cairns ist kein Strand, diesen erreicht man aber in etwa 30 Minuten mit dem Bus. 

Die öffentlichen Verkehrsmittel sind auch ein ganz spezielles Thema in Cairns. Ich bin nicht oft Bus gefahren, da ich mir ein Auto gekauft habe. Aber der Bus war fast immer zu spät. Die längste Wartezeit war einmal, als ein Bus, der eigentlich stündlich fährt, 25 Minuten zu spät kam. Da auch die Uni etwas außerhalb von Cairns liegt, hat sich die Entscheidung ein Auto zu kaufen, und somit auf die Öffentlichen zu verzichten, gelohnt. Mit dem Auto konnten wir dann auch an den Wochenenden die Umgebung von Cairns erkunden. Was es da alles zu sehen gibt, habe ich in meinem Blog beschrieben (www.michaela-in-australien.jimdo.de). 

Ein kleiner Geheimtipp sind die Fairy Falls. Nicht allzu bekannt, aber wunderschön. Dort hängt eine Schaukel über dem Wasser und wir hatten viel Spaß und haben tolle Dschungelfotos gemacht. Wer sich kein Auto kaufen kann oder möchte, sollte für solche Touren trotzdem einen Mietwagen in Erwägung ziehen. Die angebotenen Touren sind relativ teuer und wenn man sich den Mietwagen für einen Tag zu viert teilt, bezahlt jeder nur etwa fünfzehn Dollar und Spritkosten.

Ich habe in meinem halben Jahr in Australien auch drei größere Reisen unternommen. In den Springbreakferien habe ich die Nationalparks im Northern Territory erkundet, zwischen Vorlesungen und Prüfungen war ich eine Woche in Tasmanien und nach dem Semester bin ich entlang der Ostküste nach Süden gefahren. Auch darüber habe ich sehr viel in meinem Blog geschrieben. 

Ich war vor einigen Jahren schon einmal in Australien und habe demzufolge schon die meisten typischen Touristenziele gesehen. Drei besondere Plätze kann ich empfehlen: 

  • Kings Canyon ist meiner Meinung nach der majestätischste Ort in Australien. Genau wie ich, haben auch die meisten meiner Freunde hier die Tour zu Uluru, Kata Tjuta und Kings Canyon gemacht um Uluru zu sehen. Aber die meisten waren mehr begeistert von Kings Canyon. 
  • Tasmanien ist für mich der schönste Staat von Australien. Es gibt einzelne Plätze, zum Beispiel Kings Canyon, die schöner sind, aber in Tasmanien ist das Gesamtpaket atemberaubend. Viele Backpacker vergessen die kleine Insel, aber sie ist definitiv einen Besuch wert.
  • Agnes Water. Das kleine Dorf an der Ostküste zwischen den Whitsundays und Fraser Island hat mein Herz gestohlen. Ich war nur wenige Tage hier und war wirklich traurig weiterzufahren, aber die Fraser Island Tour war schon gebucht. Letztendlich habe ich es bis Byron Bay geschafft und habe dann alles abgebrochen, bin umgekehrt und habe noch einmal zwei Wochen hier verbracht. Ich kann jetzt stolz sagen, dass ich mich von „Angst vor Wasser“ zu „ich kann surfen“ weiterentwickelt habe. In Agnes Water bleiben einige für lange Zeit hängen. Mein Fehler war den Rückflug schon gebucht zu haben. Ansonsten hätte ich mich um ein Touristenvisum bemüht und weitere drei Monate hier verbracht. (Mein Tipp: Cool Bananas Hostel)

Kleine Tipps

  • Auch in dem ewigen Sommer braucht man lange Hosen und einen warmen Pullover. Zum einen sind die Gebäude extrem heruntergekühlt und außerdem gewöhnt man sich an die Wärme und wenn es dann ein paar Tage „nur 22° C“ ist, kommt es einem schon kalt vor.
  • Nicht zu viel vorausplanen. Die besten Erlebnisse hatte ich an ungeplanten Wochenenden, als wir spontan losgezogen sind und einfach irgendwo angehalten haben.
  • Wer danach vor hat durch die Hostelwelt zu reisen, sollte sich von Oma oder Mutti mal zeigen lassen, wie man mit einem Gasherd kocht. In fünf Wochen habe ich genau ein Hostel mit Elektroherd gefunden, ansonsten immer nur Gas. Und ich habe auch einige Backpacker gesehen, die Hilfe beim Anzünden gebraucht haben.
  • Den internationalen Führerschein schon hier in Deutschland besorgen. Eine dänische Freundin hat das erst in Australien gemacht und das hat lange gedauert und war auch doppelt so teuer. 
  • Netflix und Co. schon vorher auf Englisch umstellen. Das hilft super, da man dadurch auch Redewendungen lernt. Sich extra mit dem australischen Dialekt zu beschäftigen ist nicht unbedingt notwendig. Meine Erfahrung an der Uni war eher, dass man weniger Australier trifft, als andere Internationale aus Europa, Kanada usw. 
  • Von Anfang an viel unternehmen, auch wenn es nur kleine Sachen sind. Das hilft super gegen Heimweh.

Ganz viele Fotos und weitere Erfahrungen sind auf meinem Blog (https://michaela-in-australien.jimdo.com/) zu finden. 

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