Ein atemberaubend schönes Land

Lennart Klein | Jura-Student

Wo
University of Canterbury

Zeitraum
2016 - 2017

Was
Arbeitsrecht, Welthandelsrecht, europäisches öffentliches Recht und internationales Strafrecht

Studienprogramm
Auslandssemester

Förderung
IRH-Förderprogramm

31.12.2016

Jura-Studium in Neuseeland

Wandergruppe Neuseeland

Für mich stand schon seit Beginn meines Jura-Studiums in Deutschland fest, dass ich ein Semester im Ausland verbringen wollte. Dabei kam für mich sprachbedingt von Anfang an nur ein englisch-sprachiges Land in Frage und so fiel meine Wahl am Ende auf Neuseeland, von dem ich zu diesem Zeitpunkt recht wenig wusste, außer dass es in fast allen Berichten als das schönste Land der Welt beschrieben wurde. Zu diesem Mangel an Wissen gesellte sich auch schnell die Erkenntnis, dass ich nicht verstand, wie ich mich zu bewerben hatte.

Hilfe kam schließlich in Form des Instituts Ranke-Heinemann. Nur ein Gespräch mit einer sehr freundlichen Mitarbeiterin später hatte ich einen Überblick über die nötigen Formalia gewonnen und konnte mit der Bewerbung beginnen. Und so fand ich mich dann am 1. Juli dieses Jahres im Flieger nach Christchurch (ein über 30-stündiger Flug), wobei sich Abenteuerlust, Vorfreude und Nervosität die Waage hielten.

1. Christchurch

Christchurch, das Ziel meiner Reise, ist die größte Stadt auf der Südinsel und die zweitgrößte Stadt Neuseelands, wobei es sich mit seinen 370.000 Einwohnern gegenüber der größten Stadt, Auckland mit fast 1,4 Millionen, fast niedlich ausmacht. In Europa ist Christchurch wohl vor allem durch mehrfache Erdbeben bekannt, vor allem dem schweren Beben im Februar 2011, das die Stadt auch heute noch zeichnet. Zwar sind Dinge wie Infrastruktur und Wohnhäuser inzwischen größtenteils wieder aufgebaut worden. Die Innenstadt ist jedoch weiterhin in großen Teilen noch zerstört und besteht in vielen Teilen aus Brachfläche, wo früher einmal Häuser standen.

Damit sei jedoch nicht gesagt, dass die Stadt keine schönen Seiten hat. Der botanische Garten ist im Winter wie im Sommer einen Besuch wert und war für mich persönlich der erste Eindruck von den faszinierenden Landschaften, die Neuseeland zu bieten hat. Daneben hat die Stadt auch ein sehr empfehlenswertes Kunstmuseum und viele tolle Cafés. Mein persönlicher Favorit ist Little Pom's, das etwas östlich des Stadtzentrums liegt und ein geniales Brunch bietet.

2. Die University of Canterbury

Die University of Canterbury liegt innerhalb der Stadt im Nordosten; das Stadtzentrum ist von dort mit dem Bus in etwa 20 Minuten erreichbar. Der Campus ist äußerlich recht schlicht, dafür sind die Gebäude innen umso besser. Besonders die Bibliothek hat es mir angetan. Die unteren Stockwerke sind ein riesiger Diskussionsraum, vollgestopft mit Schreibtischen und PCs, wenn man in Gruppen arbeiten oder im Internet surfen will, und mit Sofas und Sitzsäcken, wenn man mal eine Pause braucht. In den oberen Stockwerken befinden sich die Bücher und der ruhigere Arbeitsbereich.

Meine Wahl fiel am Ende vor allem deshalb auf Christchurch, weil die Universität eine Vielzahl von Kursen im Angebot hatte, die mich persönlich sehr interessierten. Mein Stundenplan bestand aus neuseeländischem Arbeitsrecht, Welthandelsrecht, Europäischem öffentlichem Recht und internationalem Strafrecht. Die Professoren waren dabei so international wie die Themen selber und so wurde ich in jedem Kurs sowohl mit einer anderen Thematik als auch einem anderen Akzent konfrontiert (respektive neuseeländisch, deutsch, schottisch und irisch). Die Professoren waren allesamt sehr hilfsbereit und bemüht, die Themen interessant rüberzubringen.

Die Kurse zerfielen in zwei Arten, klassische Vorlesungen und Seminare, wobei unabhängig von der Art des Kurses innerhalb des Semesters mindestens eine Hausarbeit angefertigt werden musste. Dabei konnte es sich um einen Aufsatz oder auch ein klassisches Gutachten, wie ich es bereits aus meinem Studium in Deutschl and zu genüge kannte, handeln. Trotz dieser Aufgaben war der Arbeitsaufwand sehr moderat und mit 8 Wochenstunden wurde es immer erst kurz bevor die Hausarbeiten fällig wurden etwas hektischer.

Angesichts meines moderaten Stundenplans hatte ich sehr viel Zeit, das Unterhaltungsprogramm der Universität zu genießen. Anders als ich es in Deutschland kannte, findet ein großer Teil der Freizeitgestaltung in Christchurch im Umfeld der Universität statt. Zum einen gibt es da die Uni-eigene Bar "Foundry", die unter der Woche jeden Tag Programm bietet. Mir hat dabei die Pubquiz-Night, die jeden Dienstag stattfindet, besonders gut gefallen. Abgesehen von diesen Veranstaltungen, die von der UCSA, der University of Canterbury Students Association organisiert werden, gibt es an der Universität zahlreiche Clubs. Diese werden von aktuellen und ehemaligen Studenten organisiert und bieten für jeden Geschmack etwas. Von Social-Clubs über jeden erdenklichen Sport (ich sag nur Wildwasser-Kayak!) hin zu etwas exotischeren Sachen wie dem Weinclub ist absolut alles dabei. Diese Clubs bieten eine geniale Möglichkeit, andere Studenten kennenzulernen und alles Mögliche neue auszuprobieren und ich kann nur empfehlen, so vielen wie möglich beizutreten, zumal der Beitritt in vielen Fällen kostenlos ist.

3. Wohnen

Bezüglich der Unterkunft habe ich mich für das Studentenwohnheim Ilam-Apartments entschieden. Die Gründe dafür waren zweierlei: Das Wohnheim befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Campus. Außerdem garantiert die Verwaltung internationalen Studenten einen Platz, wenn man sich vor dem 1. Mai für das Sommersemester bewirbt. Der Nachteil an diesem Angebot ist allerdings, dass viele Apartments ausschließlich von internationalen Studenten bewohnt werden. Ich zum Beispiel wohnte in einer Wohnung mit zwei Amerikanerinnen und einer Kanadierin. Die Wohnung selbst war schlicht, aber funktionell eingerichtet mit zwei Bädern, einem Wohnzimmer und einer Küche.

Der große Vorteil an dem Wohnheim war zweifellos, dass ich sehr schnell Kontakte knüpfen konnte. Dies wurde durch die Gemeinschaftsabende, die vom Wohnheim am Anfang des Semesters organisiert wurden, noch gefördert.

4. Freizeit und Reisen

Ein weiterer Grund, warum ich mir Christchurch als Ziel ausgesucht hatte, war die geografische Lage. Direkt südlich von Christchurch befinden sich die Port Hills und die Banks Peninsula, die beste Möglichkeiten für Tagesausflüge bieten, vor allem zum wandern. Besonders empfehlenswert sind dabei die Wanderung auf den Mount Herbert, von dem man einen Blick bis zu den Southern Alps genießt und ein Tag in Akaroa, einer kleinen, französisch geprägten Stadt auf der Banks Peninsula, in der man für wenig Geld ein Kayak mieten kann, um die Halbinsel von der Seeseite zu erkunden.

Und auch für Wochenendausflüge ist Christchurch ideal gelegen. Im Norden trifft man nach 2 Stunden Fahrt auf Kaikoura, einer der besten Orte in Neuseeland um Wale zu beobachten. Wenn man wiederum nach Süden fährt, erreicht man nach 3,5 Stunden Lake Tekapo. Dieser gewaltige Gletschersee ist umgeben von den Southern Alps und hat mir beim ersten Mal den Atem geraubt, so schön ist es dort. Wenn man etwas mehr Zeit hat, kann man bis nach Queenstown, der Adrenalin-Hauptstadt der Welt, fahren, wo von Bungeejumping bis Jetboatfahren alles geboten wird, was geeignet wäre, einem den Magen umzudrehen und ein breites Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Alternativ kann man eine der zahlreichen Mehrtageswanderungen in Angriff nehmen, Great Walks genannt, zum Beispiel den Keppler Track nahe des Fjordlands.

Die Port Hills kann man von der Universität bequem per Bus erreichen, wobei die Buslinien auch die einzigen öffentlichen Verkehrsmittel sind, die in Christchurch zur Verfügung stehen (die einzige Straßenbahn ist eine reine Touristenattraktion). Für die Wochenendausflüge haben wir dann auf Mietwagen zurückgegriffen. Zum Glück ist es nicht allzu teuer und es gibt zahlreiche Anbieter.

5. Die Leute

Beim Busfahren vom Flughafen bin ich dann auch erstmals mit neuseeländischer Freundlichkeit konfrontiert worden. Die Kiwis, vor allem in Christchurch, sind allesamt freundlich, hilfsbereit und sehr entspannt. So ist es absolut üblich beim Einkaufen im Supermarkt ein längeres Gespräch mit dem Kassierer zu führen oder beim Einsteigen in den Bus, den Fahrer freundlich zu grüßen und sich beim Aussteigen zu bedanken (etwas, was mir in Deutschland noch nicht untergekommen ist). Diese kleinen Freundlichkeiten im Alltag und die allgemein entspannte Atmosphäre werden mir wohl besonders in Erinnerung bleiben.

6. Zusammenfassend

Insgesamt war die Entscheidung, in Christchurch für ein Semester zu studieren, absolut richtig und ich kann die Universität wärmstens empfehlen. Ich bin froh, dass ich mich von dem anfänglich unübersichtlichen Bewerbungsvorgang nicht habe abschrecken lassen. Dieses Semester hat mir geholfen, meine Sprachkenntnisse aufzufrischen und ein anderes Rechtssystem zu studieren. Ich habe zahllose neue Leute aus aller Welt kennengelernt und viele neue Freundschaften geschlossen, und das alles in einem atemberaubend schönen Land.

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