Zeitraum
2019
Was
Nutritional Sciences
Studienprogramm
Auslandssemester
Förderung
IRH Förderprogramm
Ein Auslandssemester in Neuseeland während des Studiums ist nicht nur die fachliche, sprachliche und intellektuelle Erfahrung, die den Lebenslauf wie die Kirsche auf der Sahnetorte schmückt – ein Auslandssemester in Aotearoa (māori: „New Zealand“) ist die beste Entscheidung, die du für dich SELBST treffen kannst! Well, I know… das sagt ja sowieso jeder, der im Ausland war. Also wieso Neuseeland?
Morgens um 8.00 Uhr wurde ich vom Gesang des Tui, der im Baum vor meinem Fenster wohnte, geweckt. Nach meinem Frühstück mit Blick aufs Meer und auf den Vulkan Rangitoto machte ich mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Dafür musste ich am Strand und am unteren Rand einer Klippe entlang gehen. Immer mittwochs, wenn ich eine Stunde früher Uni hatte, konnte ich auf meinem Weg sogar den Sonnenaufgang am Strand genießen. Jeden Tag checkte ich die Zeiten von Ebbe und Flut, denn bei Flut bestand die Möglichkeit, dass ich nasse Füße bekomme und musste mir deshalb ein kleines Handtuch einpacken. Auf meinem Weg fand ich immer wieder wunderschöne Muscheln oder konnte kleinen Krebsen zuschauen, wie sie sich im Sand vergruben. Da es während des Semesters (Feb-Juni) Herbst wurde und die Tage etwas kürzer konnte ich nach einem langen Tag in der Uni manchmal auch den Sonnenuntergang auf meinem Heimweg am Strand beobachten. Wenn es aber manchmal schon sehr dunkel war, glitzerte der Sand im Schein meiner Taschenlampe. Es mag wie ein Traum klingen – aber es war wirklich so, einfach wow! Ich kann gar nicht beschreiben, welch erfüllendes, befreiendes und überwältigendes Gefühl es jedes Mal war, dort entlang zur Uni zu gehen.
Während meines Semesters wohnte ich bei einer Kiwi-Gastfamilie (gefunden über Facebook). Die Massey University hat vier große Wohnheime direkt auf dem Hauptcampus, in denen hauptsächlich internationale Studenten unterkommen können. Ein Platz im Wohnheim bekommt man als International gestellt. Der Vorteil ist, man ist super schnell in den Vorlesungen, ist immer mitten im Geschehen und kann super einfach Kontakte knüpfen. Freunde von mir profitierten auch von der Einfachheit auf spontane Treffen und dem kurzen Weg von einer Studentenparty nach Hause. Ich verzichtete jedoch auf meinen Platz im Wohnheim. Leider nahm deshalb mein Weg zur Uni und aufgrund der Nutzung von Bussen ca. eine Stunde in Anspruch. Dadurch war ich immer ein wenig aufgeschmissen, was spontane Treffen und neue Kontakte anging. Jedoch habe ich es nie bereut, das wirkliche Kiwi-Leben durch meine Gastfamilie kennen zu lernen. So ist z.B. ein Sonntag kein Ruhetag wie in Deutschland – ein Sonntag bei Kiwis ist der aktive Famillientag, an dem man neue Sportschuhe kaufen geht, am Strand spazieren geht und dann abends zusammen ein typisches Kiwi-Dinner (roast-lamb and roasted vegetables) zubereitet. Ich habe dadurch eine zweite Familie und ein Zuhause auf der anderen Seite der Welt gefunden.
Die Kiwis sind unglaublich freundliche Menschen, hilfsbereit und interessiert. Ich wusste gar nicht, wie ich reagieren sollte, als ich an der Bushaltestelle stand und eine fremde Frau mit ihrem Hund beim Vorbeigehen meinte: „Hey wow, I really like your shoes!“. Auch die Frage: „How are you today, have you had a busy day so far?“ und ein anschließendes kurzes Gespräch mit der Kassiererin im Supermarkt ist völlig normal. Das großartige ist, ich fühlte, dass das Interesse ernst gemeint ist. Allerdings musste ich als „direkte“ Deutsche auch manchmal etwas aufpassen, wie ich mich ausdrückte. Als ich zu meiner Gastmutter meinte, dass ich absolut keine rohen Zwiebeln im Salat mag, konnte ich sofort an ihrer Mimik erkennen, dass das für sie etwas zu unhöflich formuliert war. Im Kiwi-Style hätte ich wohl eher sagen sollen, dass ich Salate ohne Zwiebeln bevorzuge. Man adaptiert ziemlich schnell an den Lifestyle der Kiwis und beginnt das Leben zu akzeptieren wie es ist (Auto fahren in Jandels? – Klaro!). Der „laid-back“ Charakter der Kiwis lässt einen im Vergleich zur deutschen Exaktheit etwas entspannen und ziemlich schnell denkt man genauso wie die Kiwis: „You´ll be fine!“.
Eine der Hürden beim Leben in Auckland ohne Auto ist das öffentliche Verkehrssystem. Es besteht hauptsächlich aus Bussen, die nicht immer zuverlässig sind. Mal fahren sie zu früh ab, mal kommen sie zu spät, mal kommen sie gar nicht oder sie fahren einfach an einem vorbei obwohl man ein deutliches Handzeichen zum Mitfahren gegeben hat. Es raubt einem sehr viel Zeit, wenn man auf den Bus angewiesen ist. Jedoch habe ich dadurch gelernt, in dieser Hinsicht gelassener zu werden. Außerdem traf ich auf die verschiedensten Menschen, wobei die singende Māori Busfahrerin immer noch mein Favorit ist.
Auckland ist als größte Stadt in Neuseeland wirklich ein Erlebnis für sich. Die sehr aktive und moderne Innenstadt (Auckland CBD) in der man super shoppen, essen und feiern kann, ist über die Harbour Bridge mit der North Shore von Auckland verbunden. Hier liegt der Campus der Massey University. Orte auf der North Shore wie Takapuna, Browns Bay oder Long Bay haben super schöne Strände, tolle Walks und süße Cafés. Oft verbrachte ich dort Zeit, um zu lernen oder auch einfach nur um zu entspannen. In Auckland kann einem nicht langweilig werden – die Stadt bietet alles, was man sich wünscht: Eindrücke, Spaß, Adrenalin und Entspannung (Tipps: Auckland Lantern Festival, Auckland Food Show, Splore Festival, Sunday markets in Takapuna und Parnell, Piha Beach (auch gut zum Surfen) und KiteKite Falls, Muriwai Beach, Tiritiri Matangi Island (NZ Vogel Pracht), Rugby Games im QBE Stadium in Albany)
Die Massey University liegt in Albany, in North Shore von Auckland, und ist von einem großen grünen Park umgeben. Sie teilt sich in insgesamt drei Campi auf, von denen zwei innerhalb des Parks und einer in Albany Village liegt. Auf dem Hauptcampus befinden sich neben den Hauptgebäuden für Sozialwissenschaften, Mathematik und Wirtschaft auch die Studieninformation, die Bibliothek, das Sportzentrum, Aufenthalts- und Lernräume, Cafés, die Mensa, die Wohnheime, die Studentenbar („The Ferguson“) und ein großer goldener Chicken Wing inmitten des Campus (Tipp: das Sushi beim Chicken Wing ist sehr zu empfehlen!).
Das College for Health, in dem ich meine Module belegte, ist auf dem zweiten Campus namens „Oteha Rohe“ gelegen. Hierhin gelangt man über ein kostenloses Campus-Shuttle oder zu Fuß auf einem Walkway (wenn man wie in meinem Fall kein Auto hat). Ich habe die Gelegenheit genutzt und habe bei schönem Wetter immer den Spaziergang durch den Park gewählt, auf dem man die meiste Zeit von Pukekos begleitet wird. In meinen Pausen lief ich oft rüber zur Albany Mall. Dies ist ein großes Shopping-Center mit zahlreichen Stores, Supermärkten, Cafés und einem Kino.
Studieren in Neuseeland bedeutet: Literatur in Englisch, Laborbegriffe in Englisch und Vorlesungen in Kiwi-Englisch. Da wissenschaftliche Literatur üblicherweise auf Englisch verfasst ist, war es für mich nichts Ungewöhnliches auf einer anderen Sprache zu lesen oder auch einmal eine Vorlesung auf Englisch zu hören – aber meine erste Kiwi-Vorlesung war ein besonderes Erlebnis für sich. Zuerst fühlte ich mich als hätte ich nie zuvor Englisch gesprochen und nach der Hälfte der Vorlesung war ich so begeistert von dem Kiwi-Akzent, dass ich mich mehr auf den Akzent als auf den Inhalt der Vorlesung konzentrierte. Man gewöhnt sich sehr schnell an das Kiwi-Englisch und umso schneller erwischt man sich, wie man selbst den Akzent übernimmt. Die Professoren und Dozenten sind alle super nett, kommunikativ, interessiert und bemüht. Da ist es üblich, dass man auch einmal ein etwas persönlicheres Gespräch mit ihnen beginnt.
Das Studieren an der Massey war für mich stressiger als in Deutschland. Während ich in Deutschland meist für nur eine finale Prüfung pro Modul lernen muss, musste ich an der Massey neben der finalen Prüfung schon während des Semesters mehrere Tests und Hausarbeiten schreiben. Dies war eine neue Herausforderung, die mich jedoch dazu brachte, fachlich auf Englisch zu denken und tiefer einzutauchen.
„Beim Auslandssemester findet man Freunde fürs Leben!“ – Diese Aussage habe ich bisher von Ehemaligen gehört. Aber neue Freunde zu finden fand ich dann doch nicht ganz so einfach wie ich mir das vorstellte. Das Gute ist, an der Massey ist immer etwas los! Die Studierenden Gesellschaft („ASA“) ist sehr aktiv und organisiert neben regelmäßigen Studenten-Partys zahlreiche Sport- und Freizeitveranstaltungen und sind immer irgendwo auf dem Campus zu finden, wo sie gratis Lunch ausgeben oder einfach für einen kleinen Chat bereitstehen. (Party-Tipps: Toga Party, Quiz Night). Die ASA organisiert auch jedes Semester eine Orientation-Week, die den neuen Studenten hilft sich zurecht zu finden. Ich habe dadurch in der ersten Woche sofort neue Menschen kennen gelernt und konnte einige Kontakte knüpfen. Ich habe mich an der Massey auf jeden Fall nicht einsam gefühlt! Ein weiterer Ort, an dem ich neue Leute traf, war das Sportzentrum. Für nur knapp 6$ pro Woche kann man hier ein riesiges Fitnessstudio, Sportkurse und Teamsportarten besuchen.
Da die Massey eine sehr große Universität mit insgesamt drei Standorten in ganz Neuseeland ist, bietet sie ein sehr umfangreiches Kursangebot. In meinem Fall konnte ich dadurch den Fokus meines Studiums ausweiten. Jedes Modul ist mit 15 ECTS Punkten pro 180 Stunden workload standardisiert. Dies macht es in meinem Fall einfach die Kurse an meiner Heimatuniversität anrechnen zu lassen, da diese auch eine standardisierte Umrechnung für 180 Stunden nutzt.
Während meines Semesters in Neuseeland machte ich mich an den Wochenenden oft auf den Weg das Land zu erkunden. Gemeinsam mit einigen internationalen Studenten hauptsächlich aus Belgien, Indien und Amerika unternahm ich verschiedene Roadtrips zu Wasserfällen, Stränden und Städten auf der Nordinsel Neuseelands. Wir sprangen ins eiskalte Wasser bei den Omanawa Falls, hatten ein Wine-Tasting in Napier, gingen Surfen in Raglan und überquerten den Vulkan Tongariro. In den zweiwöchigen Ferien während des Semesters und auch nach den Prüfungen war ich jedoch allein unterwegs und bereiste die Südinsel. Ich besuchte die Little Blue Penguins in Oamaru und campte an einem verlassenen Bay in den Marlborough Sounds.
Mein Traum seit Beginn meines Studiums war, dieses mit einem Auslandssemester in Auckland, in Neuseeland, abzuschließen. Meine Heimatuniversität hatte bis zu diesem Zeitpunkt keine Partnerschaft mit einer Universität in Auckland. Somit war klar, ich musste als „Freemover“ alles selbst organisieren. Meine erste Frage, die ich mir stellte, war: „Wie stelle ich das an?“ Meine erste Reaktion: Internet – suchen - „Auslandssemester Auckland“. Die ersten Links, die mir angezeigt wurden, war die Website des Instituts Ranke-Heinemann. Super simple zu finden! Ich habe sofort dort angerufen (ohne Warteschleife!) und bekam sofort eine freundliche Auskunft über die Universitäten, welches Studienprogramm zu mir passt und wie ich am besten vorgehe. Mithilfe der Hochschulprofile auf der Website habe ich die Massey University in Auckland gefunden. Ein paar Klicks und ich hatte die Bewerbungsunterlagen und Checklisten des IRH und konnte mich für ein Auslandssemester bewerben. Der Bewerbungsprozess und die Organisation vor der Reise wurde mir durch die Aufnahme in das IRH-Förderprogramm und die Unterstützung des IRH-Teams sehr erleichtert. Über die Website und E-Mail-Kontakt wurde ich über nötige Formulare und Fristen sowohl für die Bewerbung und Zulassung an meiner Wunschuniversität als auch über die Finanzierung (IRH-Studienbeihilfe, BAföG, Stipendien), dem Zahlungsprozess und die Reiseorganisation (Visum, Versicherungen u.ä.) informiert. Dabei war es sehr hilfreich, dass das IRH den Kontakt zur Gasthochschule übernahm und somit ein sehr effizienter Informationsaustausch möglich wurde. Zu alle dem habe ich es sehr genossen, dass ich bei jeder Kleinigkeit sofort anrufen konnte (ich habe sehr oft angerufen!) und immer hilfreiche Auskunft bekam.
Ein Auslandssemester in Neuseeland ist nicht günstig. Die Studiengebühren für 3 Module beliefen sich bei mir (inkl. Krankenversicherung) auf umgerechnet ca. 6.000€. Die Möglichkeiten finanzieller Unterstützung, wie die IRH-Studienbeihilfe, haben mir die Finanzierung der Studiengebühren erleichtert. Es lohnt sich, sich für möglichst viele Stipendien (z.B. PROMOS, DAAD uvm.) und Förderprogramme (z.B. IRH-Studienbeihilfe, Auslands-BAföG) zu bewerben. (Tipp: Eine Bewerbung kostet nichts und ein Versuch ist es auf jeden Fall wert! Informiere dich hierfür bei deiner Heimatuniversität, bei deiner Gastuniversität und widme einen Blick auf die Finanzierungsvorschläge auf der IRH Website. Auf www.mystipendium.de findest du nahezu alle möglichen Stipendien. Mit etwas Zeit und Geduld findet sich immer etwas.) Gut ist es, sich schon fast ein Jahr im Voraus einen Überblick über mögliche Stipendien und Bewerbungsfristen zu verschaffen.
Meine Reisekosten setzten sich hauptsächlich aus Flugtickets, Visum, Verpflegung, Transport in NZ und Freizeit zusammen. Es hängt davon ab, wo man wohnt, wo man einkauft und was man unternimmt. Lebensmittel wie Fleisch, Dairy, Nüsse und Alkohol sind grundsätzlich etwas teurer als in Deutschland. Es geht aber auch günstig: Regionales Obst und Gemüse in der Saison, wie z.B. grüne und goldene Kiwis, Äpfel und Karotten, sind ein gutes Schnäppchen. Auch beim Transport habe ich günstigere Optionen genutzt, wie z.B. der InterCity Bus innerhalb Neuseelands oder die AT-Hop Card für die Fahrten mit dem Bus innerhalb Aucklands. Mit einer AT-Hop Card spart man ca. 40% der Kosten pro Fahrt und als Student der Massey University kann man sogar noch einen extra Studentenrabatt von 10% pro Fahrt beantragen. Für Freizeitaktivitäten habe ich die Studenten-App „Niesh“ genutzt und darüber verschiedene Rabatte und Deals für Restaurants/Cafés, Shops, Kino (Ticket 5$ anstatt 18$), Events (Rugby Ticket 10$ anstatt 30$) und Aktivitäten (20$ Nachlass für Auckland Bungy Jump) erhalten.
Aotearoa - Von Stränden mit weißem feinem Sand, schwarzem Vulkansand oder zum Surfen, über Klippen, Berge, Gletscher, Skigebiete, Wälder, spiegelnde Seen, Flüsse, bis hin zu Wasserfällen, Schwefelseen und Vulkanen. Von Walen, Pinguinen und Kiwis bis hin zu gigantischen Kauri Bäumen und silbernen Farnen. Neuseeland bietet eine enorme landschaftliche und kulturelle Vielfalt! Es ist wirklich so schön wie besagt und allein deshalb schon ein Grund sich hier für ein Auslandssemester zu entscheiden.
Durch das Auslandssemester an der Massey University konnte ich mich fachlich weiterbilden, wie es mir in dieser Form in Deutschland nicht möglich gewesen wäre. Ich konnte mein Englisch verbessern, vor allem im Wortschatz meines Fachbereichs. Ich konnte Kontakte auf der ganzen Welt knüpfen und konnte mein Netzwerk in meinem Fachgebiet erweitern.
Die interkulturellen Herausforderungen ließen mich in meiner Persönlichkeit wachsen und so konnte ich vor allem zwischenmenschliche Erfahrungen und Freundschaften mit nach Hause nach Deutschland nehmen. Neuseeland zeigte mir nicht nur die schönsten und mächtigsten Regenbögen, die ich je in meinem Leben gesehen habe – es zeigte mir durch die Begegnungen mit Kiwis und Māoris auch, wie viel die Wertschätzung meiner Mitmenschen wirklich bedeutet. Ich würde deshalb mein Auslandssemester in Neuseeland mit zwei Worten beschreiben: „Kia Ora!“ Das ist māori und heißt “Hallo!” und „Danke!“. Die Bedeutung dieses Ausdrucks hat mir ein Māori auf einem Māori-Workshop eines noch bestehenden Māori Stamms in Auckland mit auf den Weg gegeben: „Kia Ora means the acknowledgement of the living of the person in front of you”.
Kia Ora Aotearoa, Annika