Australien forscht - Entdeckungen und Erfindungen vom fünften Kontinent Teil 2

Wussten Sie, dass das Antibiotikum Penicillin ohne den australischen Wissenschaftler Howard Florey vielleicht nie entstanden wäre? Oder das in Melbourne an dem Impfstoff zur Behandlung der Glutenintoleranz geforscht wird? In Teil 2 unserer Reihe dreht sich alles um australische Erfindungen im Bereich Luftfahrt und Medizin.

Australien forscht Magazin

Ein Schlangenbiss kann tödlich sein. Damit der Biss schnellstmöglich identifiziert werden kann, gibt es das "Shake Genom Desertion Kit" - eine australische Erfindung.

Krankheiten, die man heute leicht mit Antibiotika heilen kann, waren in der Vergangenheit für viele Menschen ein Todesurteil. Deshalb kann man wohl ohne zu übertreiben sagen, dass Penicillin, eines der ersten Antibiotika, eine der wichtigsten medizinischen Innovationen des 20. Jahrhunderts war. Zu verdanken haben wir die Entwicklung des Arzneistoffes vor allem der Zusammenarbeit eines australischen und eines deutschen Forschers. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass Penicillin ohne einen glücklichen Zufall vielleicht nie entdeckt worden wäre. Der schottische Wissenschaftler Alexander Fleming züchtete 1928 in einem Londoner Labor Bakterien und ein Nährboden wurde von einem Schimmelpilz befallen. Fleming bemerkte, dass sich in der Nähe des Pilzes Bakterien nicht vermehren konnten. Er schloss daraus, dass der Pilz einen bakterienabtötenden Stoff absonderte. Diese Substanz nannte er Penicillin, konnte sie aber nicht isolieren und gab schließlich auf.

Der Durchbruch in der Forschung kam erst mehr als zehn Jahre später: Der australische Pathologieprofessor Howard Florey und der deutsche Biochemiker Ernst Chain machten sich an der Oxford University gemeinsam daran, die medizinischen Nutzungsmöglichkeiten von Penicillin zu erforschen. Sie arbeiteten in einem Team von Wissenschaftlern, in dem noch weitere australische Forscher vertreten waren. Es mangelte dem Team an Geld und Ausrüstung und sie mussten in den Wirren des Zweiten Weltkriegs arbeiten. Aus Angst davor, dass die Forschungsergebnisse durch einen Bombenanschlag zerstört werden könnten, steckten sich Florey und Chain jeden Abend ein paar Pilzsporen in die Hosentaschen. Aller Schwierigkeiten zu trotz gelang es ihnen, Penicillin zu isolieren. Sie zeigten, wie man das Antibiotikum bei Infektionskrankheiten einsetzen konnte und begannen eine Massenproduktion des Arzneistoffs. Erfolgreich getestet wurde das Antibiotikum dann bereits 1943 bei der Behandlung verwundeter alliierter Soldaten in Nordafrika. Florey, Chain und Fleming wurden für ihre innovativen Entdeckungen mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.

Andere australische Forscher haben zwar nicht die medizinische Versorgung der ganzen Menschheit revolutioniert, doch sind ihre Erfindungen von unschätzbarem Wert für ihre eigenen Landsleute. Sicherlich beruhigt es auch viele Austauschstudierende, dass in Australiens Commonwealth Serum Laboratories (CSL) seit den 1920er Jahren an der Entwicklung von Gegengiften für Schlangen- und Spinnenbisse erfolgreich geforscht wird. Hier wurden z.B. Gegengifte für den Biss der Radback-Spinne, der Trichternetzspinne, der Seewespe und aller tödlichen australischen Schlangen entwickelt. Im Jahr 1968 wurde sogar ein Gegengift kreiert, welches für alle Schlangenbisse gleichsam wirkt. Hiervon musste allerdings eine große Menge verabreicht werden, was bei vielen Patienten zu starken Nebenwirkungen führte.  Dr. Struan Sutherland entwickelte daraufhin das „Shake Genom Desertion Kit“, welches seit 1990 dazu verhilft, das Schlangengift direkt aus der Bisswunde zu identifizieren. Daraufhin kann ein spezifisches Gegengift in einer geringeren Dosis verabreicht werden.

Manche Forscher beweisen ein großes Durchhaltevermögen, um anderen Menschen zu helfen. Professor Gareren Clark, der Sohn eines gehörlosen Apothekers, verbrachte Jahre damit, das Cochlea Implantat zu entwickeln. Es ist eine elektronische Innenohrprothese für Gehörlose und stark schwerhörige Menschen, bei denen ein herkömmliches Hörgerät nichts ausrichtet. Clark kannte die Alltagsprobleme, die eine Hörbehinderung mit sich bringt nur zu gut. Sein Vater musste seine Kunden oft bitten lauter über ihre gesundheitlichen Leiden zu sprechen. Das war nicht nur den Kunden, sondern auch ihm selbst peinlich. Clark wollte es Menschen wie seinem Vater ermöglichen, das gesprochene Wort wieder zu hören. In den fünfziger und sechziger Jahren hatte es weltweit Versuche gegeben, den Hörnerv durch elektrische Impulse zu stimulieren. Gehörlosen Patienten wurden erste Implantate eingesetzt, mit denen sie wieder Geräusche und einfache Wörter wahrnehmen konnten. Clark knüpfte 1967 an diese Forschungsergebnisse an und bewies über die Jahre hinweg großes Durchhaltevermögen. Im Jahr 1978 wurde er schließlich für seine jahrelange Forschung belohnt, als das erste von ihm entwickelte Implantat erfolgreich verpflanzt wurde. Es verstärkt anders als ein herkömmliches Hörgerät nicht den Schall, sondern stimuliert den Hörnerv. Mithilfe eines Sprachcomputers und eines Mikrofons ist Hören wieder möglich - auch wenn es sich von „natürlichem“ Hören unterscheidet und etwas Übung bedarf.

Eine der neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Medizin made Down Under ist die Forschung an einer Impfung gegen Glutenintoleranz. Glutenintoleranz ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit von Gluten, welches in Getreidearten wie z.B. Weizen, Roggen und Gerste enthalten ist. Betroffene leiden an einer gestörten Verdauung und als Konsequenz an Magen-Darm-Beschwerden und einem insgesamt geschwächten Immunsystem. Viele Menschen wissen garnicht, dass sie an Glutenintoleranz leiden und riskieren Langzeitschäden wie Osteoporose, Leberversagen und Krebs. Die bisher einzige mögliche Behandlung der Krankheit ist ein lebenslanger strikter Verzicht auf alle Nahrungsmittel, die Gluten enthalten: Brot, Backwaren, Nudeln etc. Da sich Gluten auch in vielen Fertiggerichten, Soßen und Wurstwaren versteckt, ist die Diät nicht einfach einzuhalten. Die neue Gluten-Impfung verspricht das Ende des Verzichts: Am Walter and Eliza Hall Institute in Melbourne hat ein Team unter der Leitung des Arztes und Forschers Bob Anderson einen Impfstoff entwickelt. Dieser soll den erkrankten Menschen nach und nach für Gluten desensibilisieren, so dass die Verdauung wieder normal ablaufen kann.

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